Montag, 24. Juni 2013

#Neuland

Uii, da hat es unsere Kanzlerin doch tatsächlich noch vor der bevorstehenden Bundestagswahl geschafft einen Shitstorm gegen sich heraufzubeschwören. Und alles mit nur einem kleinen Satz: "Das Internet ist für uns alle Neuland." Aber lag Sie mit dieser Aussage wirklich so sehr daneben? Denn sind nicht schon allein die kindischen Reaktionen der Netzgemeinde im Grunde bestes Indiz für die brutale Wahrheit, die in diesen nun schon fast legendären Worten steckt? 
Jetzt ist es natürlich nicht von der Hand zu weisen, dass das Internet an sich nichts wirklich Neues mehr ist. Ganz im Gegenteil. Seit der Online-Stellung der ersten Seite durch Tim Berners-Lee 1989 ist fast ein viertel Jahrhundert vergangen. Und wir alle nutzen es, seit mehr als zehn Jahren, Tag für Tag immer intensiver. Wenn wir ehrlich sind, können wir uns kaum noch daran erinnern, wie wir uns damals so ganz ohne WWW durch die Welt geschlagen haben... kleiner Tipp: Stadtplan, Lexikon, Gelbe Seiten - alles Begriffe die schon fast der Vergangenheit angehören. Und weil wir alle immer bequemer werden und uns nichts mehr merken können oder wollen, tragen wir unser Internet heutzutage ständig griffbereit mit uns herum. Keine Frage, wir haben inzwischen gelernt das Netz für uns zu nutzen, aber können wir auch wirklich schon damit umgehen? Dazu muss man eigentlich nur einen kurzen Blick in dieses ominöse Neuland werfen und die Frage beantwortet sich von selbst. Werfen wir mal einen ersten Blick auf das Rechercheverhalten der meisten. Das sieht doch wie folgt aus: Frage - Google - Wikipedia - fertig - keine Nachfrage. Wenn Wikipedia, was sich inzwischen in vielen Fällen tatsächlich schon zu einer relativ verlässlichen Quelle entwickelt hat, keinen Treffer hervorbringt, wird stattdessen halt der erste von der Suchmaschine vorgeschlagenen Link gewählt und die daraus hervorgehende Antwort gedankenlos hingenommen. Das im Netz aber jeder schreiben kann, was er will - im Grunde genauso wie ich hier - wird gnadenlos ignoriert. Dabei sollten wir uns aber nicht zu sehr darauf verlassen, dass sich jeder Schreiber an das achte Gebot - Du sollst nicht lügen - hält, sondern besser immer den Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte - Meinungsfreiheit - im Hinterkopf haben. Womit wir schon direkt beim zweiten Punkt wären. Hierzu werfen wir ganz bewusst nur einen kurzen Blick auf die verschiedenen Kommentarfunktionen im Netz, zum Beispiel auf die Seiten der sogenannten Nachrichtenanbieter Stern, Spiegel, Focus, Welt, Bild, Kicker, usw. Denn einige Schreiber übersehen irgendwie, bei dem was sie dort so von sich geben, dass der Artikel 5 des Grundgesetzes auch noch einen zweiten Absatz hat, der die Meinungsfreiheit etwas reguliert. Überhaupt nicht mehr aus dem Kopfschütteln raus kommt man, wenn man Diskussionen und Kommentare in den sogenannten "sozialen" Netzwerken liest. Da ist dann doch oft eher die englische Begrifflichkeit "asocial Network" zutreffend. Mal abgesehen von Niveaulosigkeiten, die sich ja noch mit überschaubarem Intellekt begründen lassen, ist die Masse an Beschimpfungen und Beleidigungen einfach unglaublich. Im echten Leben gäbe es für so etwas einfach nur auf die Fresse. Im Netz müssen wir das mehr oder weniger hinnehmen und für unser eigenes Wohlbefinden besser drüber stehen. Meinungsfreiheit heißt, man darf, nicht man muss, zu allem etwas sagen!
Kommen wir nun noch schnell direkt zu Facebook. Irgendwie haben es Zuckerberg und Co. geschafft, die exhibitionistische Ader tief in unserem Innersten zu wecken und viele von uns dazu gebracht, unser ganzes Leben für alle Welt offen zu legen. Für die Erstellung solcher Profile musste sich die Stasi früher ziemlich ins Zeug legen und Tagebücher lagen angeblich auch recht selten so offen herum. Aber im Endeffekt kann ja jeder für sich entscheiden, was er dort veröffentlicht. Nur vorher nachdenken hilft halt manchmal. Sascha Lobo hat kürzlich zum Thema Netzwerke sinngemäß gesagt: Netzwerke sind etwas Tolles und sinnvolles, wenn sich die richtigen Menschen vernetzen. Vernetzen sich die Falschen, ist es nutzlos.
Also ihr Shitstormer und #Neuland-Spötter, wenn ihr jetzt mal kurz in euch geht, ... müsst ihr vielleicht einsehen, für uns alle, auch für euch, "ist das Internet jeden Tag Neuland - zum Glück" (nochmal Sascha Lobo) und da es so viele Möglichkeiten bietet und sich wahnsinnig rasant entwickelt, schreit es förmlich nach klaren Regeln und deren Einhaltung. Das bedeutet natürlich nicht, dass alle User unter Generalverdacht gestellt und alles überwacht werden darf, weder durch irgendwelche Staaten noch durch Onlinedienst-Anbieter, noch durch sonst irgendwen. Was privat ist, hat gefälligst auch privat zu bleiben. Denn ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es jemandem wirklich egal ist, wenn er von vorn bis hinten ausspioniert, oder dauerhaft diffamiert wird. Und vielleicht wäre es ganz hilfreich, liebe Politik, nun endlich mal zu handeln und dabei nicht Edward Snowden zum Sündenbock zu machen, sondern eher die von ihm Angeprangerten. Eventuell sollte man auch langsam davon Abstand nehmen das Internet - von politischer Seite her - weiterhin so konsequent konservativ-merkelesk zu verteufeln und als Bedrohung zu sehen. Zum Beweis (und der Vollständigkeit halber) hier noch der komplette Satz der Kanzlerin: "Das Internet ist für uns alle Neuland und es ermöglicht auch Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grundordnung [aktuell kommen uns da u.a. USA, Großbritannien in den Sinn], natürlich mit völlig neuen Möglichkeiten und völlig neuen Herangehensweisen, unsere Art zu leben in Gefahr zu bringen."
Bleibt uns nun also erst mal nur die Hoffnung, dass die Politik tatsächlich in der Lage ist, das Netz im Sinne der Nutzer zu schützen. Allerdings ist es ein wenig fraglich, ob ausgerechnet die dafür Verantwortlichen aus der Generation Ü55, in jeglicher Hinsicht, die richtigen Köpfe dafür sind. Die Verweigerungshaltung einiger dieser Herrschaften sollte uns Nutzern diesbezüglich genug Aufforderung zu erhöhter Wachsamkeit sein!

Montag, 17. Juni 2013

Bruttonationalglück?!


Leute, Leute was war das denn bitte für eine Woche? Da weiß man ja gar nicht so Recht, wo man anfangen soll. Jeden Tag eine neue Schlagzeile, eigentlich genug um ein ganzes Sommerloch zu füllen. Aber nix da! Alles noch schön vor der Ferienzeit verbraten. Fangen wir also am besten direkt vor der Haustür an. An Selbige kommen einige seit etlichen Tagen - wenn überhaupt - nur noch mit einem Boot. Denn innerhalb von nur elf Jahren sind zahlreiche Elbe-, Mulde- und Saalestädter zum zweiten Mal von einer Jahrhundertflut heimgesucht worden. Auch entlang von Donau und Neckar und in Österreich und Tschechien ist das gesamte Lebenswerk vieler Menschen im wahrsten Sinne des Wortes einfach weggespült worden. Doch das eigentliche Drama ist wohl, dass den Krawallmedien so langsam die Superlative für derartige Ereignisse ausgehen. Denn es ist wirklich ebenso erstaunlich, wie lobenswert, welche Solidarität und Hilfsbereitschaft innerhalb kürzester Zeit ans Tageslicht gelangt, wenn die Kacke wirklich am dampfen ist, oder besser gesagt, das Wasser bis zum Halse steht. So nach und nach versuchen nun alle noch irgendwie mit auf den Zug der Solidarität aufzuspringen. Seien es die verschiedenen Radio- und Fernsehsender, Fußballvereine oder Künstler, die mit Benefiz- und Spendenaktionen Geld von jedermann einsammeln wollen, und dieses dann als große Geste unter eigenem Namen weitergeben, damit sie nicht in die eigene Tasche greifen müssen. Aber wollen wir nicht zu kritisch sein, den Betroffenen wird am Ende egal sein, woher das Geld kommt. Hauptsache es kommt auch wirklich dort an, wo es dringend benötigt wird. Unsere Politik(er) war(en) eher darum besorgt, möglichst unbeschadet aus der Nummer raus zu kommen. So hat die Muddi der Nation auch erst nach über einer Woche ihre Gummistiefel gefunden um mal vor Ort vorbei zu schauen. Das war jetzt für die Flutopfer keine große Hilfe, aber bevorstehende Bundestagswahlen hilft es wohl zu gewinnen. Noch peinlicher war aber das ständige Schuld hin und her schieben zwischen Regionalpolitikern und Bevölkerung, wenn es um das Thema versäumter Hochwasserschutz in der eigenen Stadt ging. Über die diversen politischen Kurzschlussvorschläge - Hochwassersteuer für alle, einmauern der Risikogebiete - oder der Schrei in sozialen Netzwerken nach Hilfe aus dem Ausland, lege ich an dieser Stelle kopfschüttelnd besser den Mantel des Schweigens.
Gelüftet wurde der Mantel des Schweigens, wenn auch eher unfreiwillig, über das Spionagegebaren der NSA im WWW. Nicht das es wirklich überrascht, aber die US-Regierung fühlt sich genötigt, auf sämtliche Kommunikation im Netz, sei es nun in den sozialen Netzwerken, E-Mails oder direkt bei Google, Apple, Microsoft und Yahoo, ein wachsames Auge zu werfen. Zur Terrorprävention! Auch wenn in diesem Jahr in den USA bisher mehr Menschen durch nicht ganz fachgerechten Waffengebrauch von Kleinkindern, als durch terroristische Anschläge getötet wurden. Aber dafür ist ja auch eher die NRA verantwortlich. NRA, NSA, da ist die Verwechslungsgefahr nicht von der Hand zuweisen und der Übergang vermutlich auch fließend. Offiziell dienen beide vermutlich dem Gemeinwohl. Und weil die amerikanische Spähsoftware Prism - Skandal! - so schön funktioniert, beschließt die Bundesregierung, zum Schutz der deutschen Bevölkerung, dass der BND so etwas auch braucht. Ganz zur Freude von Bundesinnen-Mielke H.P. Friedrich. Nachdem das Projekt Bundestrojaner ja leider etwas schief gegangen ist, könnte man dann vorab selber schon einmal querlesen, was die Amis dann alles zu sehen bekommen. 
In dieselbe Kategorie passt im Grunde auch noch die nächste Schlagzeile: WLAN aus den Wolken. Denn Google plant mit Hilfe von Heliumballons ein weltumspannendes Netz zur Versorgung der ganzen Welt mit Internet zu errichten. Sicher gut gemeint, aber auch nicht ganz uneigennützig. Schreit ein wenig nach Weltherrschaft und klingt, wenn ich nur kurz an das ein paar Zeilen weiter oben geschriebene erinnern darf, ziemlich beängstigend.
Nicht nur beängstigend, sondern ernsthaft schockierend ist das Verhalten des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, der ganz offensichtlich erheblich den Bezug zur Realität verliert. Was außerhalb der Türkei kaum bekannt wurde, sind die zunehmend verschärften Gesetze in Bezug auf das tägliche Leben im Land und äußerst fragwürdige Forderungen hinsichtlich Geburtenzahlen (drei Kinder oder mehr) usw. Da wähnt man ein Land auf behutsamem Weg in Richtung freiheitlich-liberalem Denken, das stolz die Trennung von Staat und Religion kolportiert und dann verkündet der zwar Gewählte - aber so einen hatten wir in Deutschland vor 75 Jahren auch schon - im Wahn ein Gottesgesetz nach dem anderen. So wird dann die Diskussion um ein paar Bäume im Stadtzentrum von Istanbul zum Auslöser für eine Massenbewegung der Bevölkerung im ganzen Land, die die gesamte Unzufriedenheit an die Oberfläche bringt. Und wenn Menschen, quer durch alle Schichten, jung, alt, verschleiert oder nicht, sich zusammen finden und überwiegend friedlich, aber mit Vehemenz protestieren und dem Herrschenden nichts weiter einfällt, als mit aller Gewalt gegen diese vorzugehen, ist dies nicht zu tolerieren. Dass die Stürmung des Gezi-Park mit dem letzten Ton des Abendgebetes beginnt und die Regierung den Taksim-Platz nach tagelangen Straßenschlachten über Nacht wieder herrichten lässt, um so zu tun, als wäre nichts passiert, setzt dem ganzen nur noch die Krone auf. Man kann nur hoffen, dass die Widerstandsbewegung sich von solchen Aktionen nicht entmutigen lässt, weiter macht, für die schon einmal errungenen Freiheiten kämpft und dabei sämtliche mögliche Unterstützung erfährt. 
Die positiven Konsequenzen von langjährigen Repressalien durch wahnwitzige Regierungschefs können wir, zugegebener Maßen ein wenig unerwartet, in der scheinbar besser als erwartet funktionierenden Demokratie im Iran erleben. Zwar hat der gewählte Präsident des Landes nicht allzu viel politisches Sagen - das Staatsoberhaupt bleibt der sogenannte Oberste Rechtsgelehrte oder Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei -, doch es ist hoffentlich als positives Zeichen für eine gemäßigtere Politik nach außen und vor allem nach innen zu werten, dass ausgerechnet der moderateste Kandidat Hassan Rohani, im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erlangt und den allseits unbeliebten Mahmud Ahmadinedschad ablöst. Die Wahlbeteiligung lag trotz angedrohter Repressalien bei über 72 Prozent. Jetzt bleibt, in erster Linie für alle Iraner, zu hoffen, dass der neugewählte Staatspräsident seinen Versprechungen auch die entsprechenden Taten folgen lassen kann und das Volkswohl wieder eine größere Rolle spielt, als unter dem Vorgänger. 
Ein Nachfolger wird auch in Brasilien gesucht. Allerdings erst im nächsten Jahr, denn dann findet dort die nächste Fußballweltmeisterschaft statt. Ein Jahr vorher findet, quasi zur Vorbereitung, der Confed-Cup statt. Ein Fußballturnier, bei dem der Gastgeber gegen den amtierenden Weltmeister und die sechs Kontinentalmeister zum Testlauf antritt. Dummer Weise haben auch hier die Verantwortlichen wieder nicht über den eigenen Tellerrand, beziehungsweise die Stadionmauern geschaut. Mit dem Ergebnis, dass man bis 2014 zwar zwölf topmoderne Stadien errichtet, davon sieben komplett neu gebaut und fünf grundlegend umgebaut, aber die Infrastruktur rund herum vernachlässigt werden. Und so ist es wenig verwunderlich, dass rund um die WM-Generalprobe tausende Brasilianer ihren Unmut kund tun und gegen die Milliardenverschwendung protestieren und fordern das Geld besser in Krankenhäuser, Schulen, Infrastruktur und Bildung zu investieren. Auch hier fühlt sich die Staatsmacht genötigt mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die Protestierenden vorzugehen, auch wenn die Augen der Öffentlichkeit bereits auf das Land gerichtet sind.
Ebenfalls ein Neubau sorgt auch in Berlin für große Begeisterung. Nachdem endlich der international Airport BER pünktlich fertiggestellt wurde und noch ein paar beim Bau gesparte Euro übrig geblieben sind, wurde in dieser Woche der Grundstein für das neue Stadtschlösschen für König Wowi XIV. gelegt. Damit geht nach langem hin und her ein großer Wunsch aller Berliner in Erfüllung und die unschöne grüne Freifläche am Spreeufer verschwindet. Zur Begutachtung der Baufortschritte reist dann in den kommenden Tagen auch direkt der US-Präsident an. Auch auf ihn freuen sich alle Berliner schon wie Bolle und nehmen dafür gern kilometerlange Staus und Umweg in Kauf. Außerdem wird Mister Obama unserer Angie schön den Rücken für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf stärken. In dessen Vorbereitung finden und fanden gerade die großen Parteitage der Parteien statt, wo im Kern die jeweiligen Programme verabschiedet wurden. Diese mehrere hundert Seiten umfassenden fiktionalen literarischen Werke sollen dem potentiellen Wähler die Entscheidung ein wenig erleichtern und im Endeffekt zur Verbesserung seiner Lebenssituation beitragen. Jetzt habe ich selber noch nicht alle Parteiprogramme komplett durchlesen können, befürchte aber, dass sich erneut niemand eine Anregung aus dem Königreich Bhutan, einem kleinen Staat im Himalaya, zu Herzen genommen hat und das Bruttonationalglück zum neuen politischen Ziel erklärt. Dabei geht es um soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz, Kultur und vertrauenswürdige Politik zum Wohle der Gesellschaft, nicht um Macht oder Reichtum, nicht um Bestimmung, sondern um Mitbestimmung, nicht um Diskriminierung oder totale Kontrolle und erst recht nicht um Gewalt. Es geht nicht um einen, es geht um ALLE!

Sonntag, 9. Juni 2013

eine Lanz brechen


Da hätte ich doch beinahe nicht gewusst, worüber ich als nächstes schreibe und wollte schon fast über die Bahn oder den Berliner "Flughafen" herziehen. Aber die entsprechenden Gelegenheiten werden sich sicher noch ein paar Mal ergeben und so muss ich fast von Glück reden, dass dann am Samstagabend "Wetten dass..?" lief. Denn nach der letzten Ausgabe, dem Highlight der diesjährigen Staffel - "Sommer-Wetten-dass" aus der Arena in Palma de Mallorca - ist zu befürchten, dass sich diese Gelegenheit nicht mehr allzu oft bieten wird. Zumindest nicht wenn die ZDF-Allzweck-Wunder-Abwrackmaschine Lanz so weiter machen darf oder muss wie bisher. Denn ihm allein die Schuld für das gesehene zuzuschieben, lässt einfach das verantwortliche Produktionsteam zu gut wegkommen. Allerdings ist wirklich nicht von der Hand zu weisen, dass Herr Lanz als sogenannter Showmaster das Gesicht der ganzen Katastrophe ist. Dabei hat er doch so viele Talente... spielt Klavier, ist sportlich, schreibt Bücher, ist durchaus kameratauglich und auch als Spätabend-Talker gut geeignet. Nur als sympathischer Fernsehunterhalter und Promi-Smalltalker ist er ganz offensichtlich nicht die Bestbesetzung. Natürlich hatte er auf diesem Posten ein echt schweres Erbe anzutreten und ich wünsche mir das Haribo-Goldbärchen auch bestimmt nicht zurück, aber so unbeliebt wie Herr Lanz macht man sich vor einem so großen Publikum eigentlich nur als Fußballschiedsrichter, wenn man konsequent gegen die Heimmannschaft pfeift. Okay die Sendung stand von vornherein unter keinem guten Stern, denn kurzfristig hatte der Weltstar Pamela Anderson - was macht die eigentlich sonst so - abgesagt, vermutlich nach einem kleinen Tipp von Tom Hanks. Paris Jackson hatte, ich weiß darüber macht man keine Scherze, schon vorher einen Suizidversuch unternommen - auf diesem Wege gute Besserung! - wäre aber nach der Show auch für alle Welt nachvollziehbar gewesen. Dafür ist dann kurzfristig Gerard Butler eingesprungen, auch ihm gilt unser Mitgefühl, denn warum zum Teufel musste er sich bei der Einlösung seiner Wettschuld, zum Rezitieren des "Erlkönigs", Eiswürfel in die Hose kippen? Warum? Das traf auch nur das Humorzentrum des Moderators, während den beiden anderen zu diesem Zeitpunkt anwesenden Couchgästen, Michelle Hunziker und Stefan Raab, nichts anderes übrig blieb, als sich verschämt zur Seite zu drehen. Vorher hatten beide, als erfahrene Showhasen, immer wieder versucht die eskalierende Situation und damit Herrn Lanz zu retten. Denn echte Neuigkeiten hatten beide nicht zu berichten. Okay, Frau Hunziker ist schwanger, was Lanz als investigativer Journalist natürlich genauer wissen will: "Wo? Wie? Weshalb?" und Herr Raab hat einen Duschkopf erfunden und bewirbt diesen schamlos geschlagene fünf Minuten lang, was dann in der Wiederholung am Sonntagvormittag ebenso schamlos raus geschnitten wird... "Das war keine Schleichwerbung! Das war Werbung!" gibt Raab auch ganz offen zu. 
Die beste Szene hat Lanz gleich zu Beginn der Show, als er mit einem roten Strandbuggy in die Arena gefahren kommt und mitteilt: "Pamela Anderson hat leider abgesagt, aber sie hat uns einen Strandbuggy geschickt. Der hat zumindest genauso viel Plastik, wie sie selbst!" - grenzwertig, aber der Gagschreiber darf bleiben. Ansonsten hatte die Show ihre Stimmungshöhepunkte immer dann, wenn der Showmaster nicht involviert war. Die Wetten waren allesamt, irgendwie akrobatisch und mit einem Augenzwinkern versehen. Einer klettert eine Feuerwehrleiter hinauf, einer springt per Salto rückwärts in zehn Badehosen, einer knackt Nüsse mit dem Po und andere stemmen einen Truck mit den Beinen. Bei der Kinder-wette versuchen selbige sich gegenseitig Badekappen auf den Kopf zu werfen. Klappt leider nur ein paar Mal, sorgt aber für ordentlich Lacher. Musikalisch ist auch einiges geboten... drei der deutschen Ballermann-Schlager-Barden schmettern ihre Hits im Medley und der König von Mallorca sorgt im Duett mit Stefan Raab und dem Bett im Kornfeld für die Zugabe. Muss einem nicht gefallen, passt aber zu Malle und in eine Unterhaltungsshow. Auch mit Olly Murs als potentiellem Sommerhitlieferanten und Passenger's Ballade ist man unterhaltungstechnisch auf der sicheren Seite. 
Besonders unangenehm ist dagegen die Art und Weise in der Lanz mit seiner "Assistentin" Cindy aus Marzahn umspringt. Immer wieder auf ihre Äußerlichkeiten angespielt, möchte er sie schnellstmöglich lieber wieder durch die Michelle ersetzen. Wenn man dann aber sieht, wie die sichtlich angepisste Cindy und die professionelle Schweizerin versuchen das Beste aus der Situation zu machen, möchte man fast hoffen, dass die ZDF-Offiziellen nicht die Comedylady, sondern den selbstgerechten Südtiroler austauschen. Den absoluten Tiefpunkt erreicht die Sendung jedoch mit der Zuschauer-Wette, bei der Zuschauer den Moderator herausfordern. Aus den zahlreichen Vorschlägen, hat die Redaktion folgende gewählt: Sangriaeimerwetthalten, Limbo tanzen und Kugelstoßen gegen Howard Carpendale. Letzteres sorgt schon allerseits für verwunderte Blicke und da das Publikum Lanz weiter scheitern sehen will, wählt man das Limbo tanzen. Dummerweise kann die Kandidatin das selber nicht und es kommt zum Streit über die Technik. Nach zwei kläglichen Versuchen und unter massiven Buhrufen und gellendem Pfeifkonzert gegen Lanz und die Kandidatin einigt man sich schließlich auf Kugelstoßen und Lanz spielt für den Sangriakandidaten und Carpendale für die Limbotänzerin. Auch hier werden zwei Versuche benötigt, wegen übertreten! Als Assistentin Cindy beim Ausmessen versucht die Situation versöhnlich zu beenden und den Gewinn dem Sangriahalter zukommen zu lassen, taumelt der nun völlig hilflose, überforderte Lanz kurz vorm Heulkrampf zielsicher von einem Fettnapf in den nächsten und erstreitet den Sieg für die ... na ihr wisst schon, die sich dann auch nicht wirklich über die Reise freuen kann.
Weitere Gäste sind Comedian Paul Panzer, der beim Einfahren in die Arena gleich mal das BMW-Oldtimer Motorrad nebst Beiwagen halb schrottet und die Geissens. Das ist dann auch der Moment in dem ich aufgebe und wegschalte und deshalb kann ich auch nicht berichten, wer am Ende Wettkönig geworden ist und wie viele Fremdschäm-Momente die letzte Stunde noch so mit sich brachte. Zum Glück kommt jetzt Boxen und erstmals an diesem Abend wünsche ich mir den Lanz zurück. In den Ring mit ihm. Denn vorher waren die Alternativen zugegebener Maßen auch ehrlich spärlich gesät: Donna Leon, RTL's Ultimative Chartshow, Galileo Big Pictures oder ein Adam Sandler Film. Dass die Quote für Wetten dass...? am Ende die schlechteste aller Zeiten ist und nicht mal mehr sieben Millionen die beliebteste Samstagabendfamilienshow der letzten zwanzig Jahre sehen wollten, lässt daher tief blicken und ist vermutlich weder auf die Hochwasserkatastrophe, für deren Opfer immerhin etwa eine halbe Million Euro gespendet wurde, noch auf das endlich sommerliche Wetter zu schieben. Letztendlich dürfen wir uns nun auf die Wetten dass...? Sommerpause freuen und werden uns die nächste Sendung noch skeptischer, aber in der Hoffnung die Verantwortlichen haben sich die Kritiken zu Herzen genommen, wieder anschauen. 

FedEx - Mit dem Service in die Wüste


Einige von Euch haben es ja vielleicht mitbekommen, aber ich durfte in den letzten Tagen einmal das gesamte Serviceangebot eines recht bekannten international agierenden Express-Luftfrachtunternehmens kennen lernen ... hier also nun die ganze Geschichte. Es war einmal ein Paket... Moment: fangen wir am besten ganz vorn an. Es war Sonntagnachmittag und das Wetter zwang einen regelrecht zum nicht hingucken. Denn da wo eigentlich Frühsommer hätte sein können, war mehr so November. Was tut man also an so einem Tag? Genau man klickt sich durchs www und ist latent anfällig für Frust-Shopping. Nachdem ich mich nun nur wenige Stunden relativ ziellos, zu erst durch die Angebot und anschließend durch das gesamte Sortiment meines drittliebsten Buchladens geklickt und gescrollt hatte, fand ich tatsächlich ein Kleidungsstück, welches in Form, Farbe, Größe und auch Preis meinen Vorstellungen voll und ganz entsprach. Also ab damit in den Einkaufswagen, noch kurz das Kleingedruckte lesen und bestellen. Der Bestellvorgang lief routiniert zügig ... aber Moment ... Versandkosten von 11,98 Euro??? Vielleicht besser doch noch mal schnell das Kleingedruckte lesen! Diesmal wirklich! Und siehe da, dort findet sich folgender Hinweis #1: "Alle Waren werden direkt aus dem Shop in Süd Korea versandt". Ein kurzer fragender Blick - egal - das rechtfertigt zumindest die 12 Euro Versandkosten! Hinweis #2: "Dies dauert in der Regel 2 bis 7 Geschäftstage" - gut zu wissen. Also Bestellung abschicken und nur wenig später landet die automatische Bestellbestätigungs-Mail in meinem Postfach.
Nächster Tag. Zwei neue E-Mails, direkt vom Shop aus Südkorea (natürlich in deutsch). E-Mail #1: Montag, kurz nach 3 Uhr. Inhalt: "Bitte prüfen Sie die bestellte Kleidergröße und teilen Sie uns schnellstmöglich mit, wenn Sie diese noch ändern möchten, damit wir vor dem Versand entsprechend reagieren können". E-Mail #2: Montag, kurz nach 6 Uhr. Inhalt: "Ihre Bestellung wurde versendet". Glück gehabt, muss ich ja nix mehr überprüfen. 
Das Paket war nun also auf seiner Reise. Vom Shop in Seoul, Südkorea, ging es zuerst zum Flughafen von Incheon, immer noch Korea. Etwa 50 Kilometer in knapp vier Stunden und immerhin schneller als zu Fuß. Doch das Tempo sollte sich jetzt etwas erhöhen, denn es ging in die Lüfte. Erster Zwischenstopp - nach ungefähr 2000 Kilometern und etwa dreieinhalb Stunden - in Guangzhou, China. Zweiter Zwischenstopp - 9100 Kilometer und elf Stunden später - in Köln. Das mein Paket dann noch weitere 22 Stunden benötigt, bis es in Berlin ankommt, ist erstmal nicht weiter tragisch. Schließlich ist hier erst Mittwoch, die größte Strecke zurückgelegt und das tatsächlich in nur zwei Tagen. Wie gesagt, es ist Mittwochmorgen, als es plötzlich klingelt und ich mich dummer Weise gerade der Körperpflege widme. Wie sich herausstellen sollte ein fataler Fehler. Als ich dann etwa eineinhalb Stunden später das Haus, mit einem kurzen Kontrollblick in den Briefkasten und einem suchenden Rundumblick nach einem Paketdienstbenachrichtigungszettel, verlasse, steht für mich fest, geklingelt hat entweder irgendein Werbeausträger oder die Müllabfuhr. Als ich jedoch etwas später zurück komme, entdecke ich plötzlich eine blau-orange-farbene Nachricht mit dem Hinweis, dass die Sendung nicht zugestellt werden konnte und ich mich bitte per E-Mail oder Telefon beim Kundenservice melden solle. Bevor ich das tat, habe ich online noch schnell den Paket-Tracking-Dienst abgerufen und musste feststellen, dass der Zusteller tatsächlich innerhalb von zwei Stunden zweimal bei mir geklingelt und damit scheinbar seine Pflicht erfüllt hatte. Ich nahm also die Benachrichtigungskarte und wählte die abgedruckte Telefonnummer der kostenpflichtigen Hotline. Dort durfte ich mir die freundliche Ansage anhören, dass die Nummer nicht mehr aktuell sei und nach rascher Nennung der neuen Hotline, wurde das Telefonat beendet. Okay, dann probiere ich es halt per E-Mail. Flott eine E-Mail geschrieben, mit der Bitte mir das Paket am nächsten Tag noch einmal zuzustellen. Donnerstag, Vormittag. Antwort vom Kundendienst: "Leider können wir auf E-Mails nicht schnell genug reagieren, weshalb Ihre Sendung heute leider nicht in der Zustellung ist. Bitte kontaktieren Sie unseren Kundendienst telefonisch". Daumen hoch! Also nochmal den Telefonserviceautomaten angerufen, diesmal die neue Nummer. Nach einigen Minuten "Drücken Sie bitte dies, drücken Sie bitte das" hatte ich dann einen echten Servicemitarbeiter am anderen Ende der Leitung, der mir doch allen Ernstes empfehlen wollte, dass ich mein Paket doch auch selber im Lager abholen könne und nannte mir die entsprechende Adresse: Postleitzahl irgendwas mit 12 ... bei mir steht vorn 'ne 10. Hab ich dankend abgelehnt. Darauf hin hat er mir versichert, dass ich mein Paket zumindest am Freitag bekomme. 
Als dann bis Freitag am späten Nachmittag die Aussicht auf eine Zustellung noch in dieser Woche erheblich sank, fühlte ich mich genötigt, erneut eine E-Mail an den Kundenservice zu verfassen. Der Ton etwas rauer und mit der klaren Ansage: Zustellung bitte Montag bis 12 Uhr. 
Montag, 12:45 Uhr. "Leider haben wir auch diese E-Mail soeben erst bearbeitet. Bitte rufen Sie die Hotline an". Wozu gibt es eigentlich diesen E-Mail-Kundendienst? Die Frage konnte mir auch der nächste nette Herr des Telefonservice nicht beantworten, der sich - nach dem bekannten "Drücken Sie bitte dies und drücken Sie bitte das" - um mein Anliegen kümmern wollte. Natürlich konnte er einen erneuten Zustellversuch erst für den kommenden, also Dienstag veranlassen und eine Lieferung bis 12 Uhr wollte er auch nicht mehr versprechen. 
Achter Tag, die Hoffnung stirbt zuletzt. Inzwischen waren zu den ursprünglichen zwölf Euro noch diverse Telefongebühren gekommen und die Vorfreude ins unermessliche gestiegen und siehe da: Dienstagvormittag, es klingelt an der Tür - selbstredend natürlich wieder im denkbar ungünstigsten Moment - und es steht tatsächlich ein uniformierter Herr mit meinem Paket vor der Tür und händigt mir dieses - im Tausch gegen eine schnelle abstrakte Zeichnung - aus. Paket aufgerissen, Klamotte anprobiert, passt, zum Glück. Jetzt überlege ich nur noch, ob ich vielleicht, nur so zum Spaß, das Ganze zurückschicken und doch noch in einer anderen Größe bestelle sollte ...