Montag, 11. November 2013

Dabei sein, ist doch nicht alles

0:4 - so lautet am Ende das verheerende Ergebnis. Ein Triumph für die Engstirnigkeit der Nein-Sager. Ein Triumph ohne Weitblick, ohne Sieger, ohne den Mut zur Veränderung. Mit einem einstimmigen Votum haben die Bewohner der Stadt München (52,1 %) und der Regionen Garmisch-Partenkirchen (51,67 %), Berchtesgaden (54,02 %) und Traunstein (59,67 %) am zurückliegenden Wochenende dafür gesorgt, dass die Bewerbung für die olympischen Winterspiel 2022 in München und Umgebung, als vielleicht sogar Topfavorit für die Austragung, bereits in der Qualifikation kläglich scheiterte. Ich sage: eine vertane Chance! Denn wer ist jetzt eigentlich der Gewinner dieses Bürgerentscheides? Die NOlympioniken, die damit ein Zeichen gegen die Kommerzialisierung der olympischen Idee und die Vetternwirtschaft im IOC gesetzt glauben, oder die drei Bauern, die nun fröhlich weiter vor sich hin Ihren staatlich subventionierten Eigensinn fortsetzen können, oder doch nur die handvoll Almwiesen-Grashüpfer-Käfer-Larven, die sich weiter unbeschwert in der unberührten Natur des Alpenmassentourismus bewegen können. Ich hab da so meine Zweifel. Den greisen Herren des IOC wird es wohl ziemlich egal sein, ob sich München, St. Moritz, oder sonst wer um die Austragung der Spiele bemüht, solange sich Alternativen wie Sotchi (2014), PyeongChang (2018), Almaty, Peking oder Lemberg als Ausrichter für die Propaganda-Spiele anbiedern. Denen geht es doch ebenso wenig um den Sport, wie den Geldgeiern des IOC. Da erbauen sich dann ein paar Funktionäre, Oligarchen und Parteioberen ihre eigenen Denkmäler aus Beton und laden sich für zwei Wochen die Weltelite des Sports zur eigenen Unterhaltung ein. Der gemeine Pöbel darf, so er es sich denn überhaupt leisten kann, zu Wucherpreisen noch etwas die Kulisse auffüllen und den Herrschern über die Spiele huldigen. Schon irgendwie lustig - Hinz und Kunz wird im Vorfeld von so einer weitreichenden Entscheidung gefragt: Wildgewordene Naturschützer, die sich gern mal für sündhaft teure, steuergeldfinanzierte Wildwechselbrücken oder Krötentunnel einsetzen, die nie auch nur ein einziges Reh, Wildschwein oder Unkentier über-, bzw. durchqueren wird. Großgrundbesitzer, die für einen begrenzten Zeitraum (Winter) ihre Felder nicht beackern könnten und dafür noch fürstlich entschädigt worden wären. Stadtbewohner, die nach einem halben Jahrhundert mit der Sanierung der urbanen Infrastruktur und der Reaktivierung von innerstädtischen Brachflächen hätten rechnen können. Die Einzigen die keiner Fragt, ach, die bei dem ganzen Hickhack komplett ignoriert werden, sind diejenigen, für die diese globale Großveranstaltung eigentlich gedacht ist - die Sportler. Die dürfen für die Lobbyisten vielleicht noch Ihr Gesicht in die Kamera halten, aber wenn es darum geht sie zu unterstützen, sind die Anzugträger auch ganz schnell wieder im Off verschwunden. Tauchen erst dann wieder auf, wenn einer der Gladiatoren NUR Zweiter wird und die vorab zusammengezählten Medaillen nicht erreicht werden. Es ist halt irgendwie einfacher, die Schuld immer den anderen zuzuschieben und hinterher haben es dann sowieso, alle schon vorher besser gewusst. Diese Art der Politik - erstmal abwarten, dann nichts tun und warten bis sich keiner mehr darüber aufregt - funktioniert scheinbar nicht nur beim Regieren, sondern hat inzwischen auch ihren Platz in den Köpfen einer trägen Bevölkerung gefunden. Getreu dem Motto: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen! sind wir, laut demokratischen Beschluss, zwar gegen die Kommerzialisierung der Olympischen Idee, machen deshalb nicht mit. Was aber die anderen lupenreinen Demokraten machen, interessiert uns dann auch nicht. 
Die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2022 wäre die Chance gewesen, dem Entscheidungs-Komitee eine ökologisch und ökonomisch nachhaltige Bewerbung vor die Füße zu knallen, die Ausrichtung eines medialen Großereignisses im Einklang mit Sportlern, Zuschauern und Natur als "alternativlos" zu propagieren und die grauen Eminenzen zu einem generellen Umdenken zu bringen. Um etwas zum Positiven zu verändern, muss man FÜR eine Sache sein. DAGEGEN sein ist immer einfach!
Was sind nun die Konsequenzen aus der Ablehnung der Olympiabewerbung? Die bereits vorhandenen Sportstätten, wie die Skisprunganlagen und Skipisten in Garmisch, die Biathlon- und Langlaufarena in Ruhpolding, das Eisstadion in Inzell, die Rodel- und Bobschlittenbahn am Königssee, müssen nun durch die Vereine erhalten, saniert oder ausgebaut werden, um auch in Zukunft Weltcup-tauglich zu bleiben. Die Infrastruktur von München gen Süden, in die Tourismushochburgen und Skigebiete, bleibt weiter unzureichend und bröckelt so vor sich hin. Ebenso wie das unter Denkmalschutz stehende Olympiastadion, das weiterhin sein Gnadenbrot als gelegentlicher Veranstaltungsort fristet, oder die Münchner U-Bahn, die der Berliner bald in nichts mehr nachsteht. Am schlimmsten ist aber, dass einem mehr als wintersportbegeisterten Publikum in Deutschland (und dem gesamten Alpenraum) die Möglichkeit genommen wird, dieses Event einmal Live mitzuerleben oder gar aktiv daran mitzuwirken, nur weil einige Lobbyisten davon überzeugt sind, dass etwas besser wird, wenn sich nichts ändert. Und noch schlimmer, einer ganzen Sportlergeneration dadurch die Möglichkeit verwehrt wird, ihre Randsportartenkarriere mit einem absoluten Highlight zu krönen. Durch ihre Leistungen, die Begeisterung für ihre allergrößte Leidenschaft auch direkt an folgende Sportlergenerationen im eigenen Land weitergeben zu können und nicht zuletzt uns als Zuschauer zum mitfiebern, mitleiden und mitjubeln zu bringen.