Lange, lange hat es gedauert und man musste schon fast den Eindruck
gewinnen, so richtig gewinnen will die Bundestagswahl gar keiner. Doch drei
Wochen vor dem Urnengang fiel dann mit dem TV-Duell doch noch der mediale
Startschuss für den sogenannten Wahlkampf. Die Regierungsparteien selbst haben
den Ball bis dato komplett aber mal ganz flach gehalten und im Grunde genommen
nichts gesagt. Getreu ihrem Regierungsmotto gucken was so passiert, dann erst
mal abwarten, dann hoffen das sich keiner ernsthaft darüber echauffiert und zu
guter Letzt warten bis sich die Aufregung wieder gelegt hat oder die Schuld den
anderen zuschieben. Die große Oppositionspartei hingegen zeigte sich zwar stets
bemüht versemmelte aber nach allen Regeln der Kunst schon die Wahl ihres Spitzenkandidaten
und schoss sich, durch individuelle
"ich-lehn-mich-jetzt-mal-ganz-weit-aus-dem-Fenster-Aktionen" der
Parteiführung, quasi ein Eigentor nach dem anderen. Dem konnte natürlich auch
der eigentliche Kanzlerkandidat in Nichts nachstehen und nutzte ausnahmslos
jede Möglichkeit um mit vollem Anlauf und beiden Beinen voran in jedes sich nur
bietende Fettnäpfchen zu springen. Das wurde natürlich sowohl von den
politischen Gegenspielern, als auch von den Medien bis zum Rande des guten
Geschmacks ausgenutzt und zum Super-GAU hochgekocht. Von dieser Untätigkeit und
Selbstzerstörung haben vor allem die kleinen Parteien profitiert die Grünen und
die Linke waren fast auf Augenhöhe mit der SPD. Die FDP gab es nicht mehr und
Piraten und Alternative Front Deutschland waren als Newcomer auf gutem Wege in
den Bundestag. Bis, ja bis selbige dann versuchten ihre eigene politische
Zukunftsplanung zu kommunizieren. Die einen hatten mit Natur und Umwelt zwar
ihre Kernkompetenzen, haben diese aber auf der Strecke liegen lassen und
versucht sich auch auf anderen Gebieten zu profilieren. Andere haben es mal
wieder mit einem eher national orientierten Programm versucht, aber das kommt
in Deutschland irgendwie auf Dauer auch nicht so richtig gut an. Wieder andere
hatten erst gar kein Konzept, haben sich dafür aber mit zahlreichen Shitstorms
quasi selbst geentert um am Ende auf das äußere Erscheinungsbild ihrer
Piratenbräute reduziert zu werden. Blieb schließlich noch die Linke die den
Alteingesessenen gefährlich hätte werden können, aber gegen die hilft im
Zweifel ja immer noch der allseits beliebte
"Stasi-DDR-Sozialismus-Joker". Ach Mensch, hätt' ich doch fast die
FDP vergessen, aber die preschen ja mit Dirndl-Brüderle und Phipsi Rösler voran
und setzen inzwischen wohl verstärkt auf Mitleidsstimmen am 22.
September.

Aber wie gesagt, das war vor dem TV-Duell! Die amtierende Bundeskanzlerin
Angie Merkel trifft im Redewettstreit auf ihren wohl stärksten Herausforderer
Peer Steinbrück. Und sie hat alles versucht, um dieses Aufeinandertreffen zu
vermeiden, hat bis zu diesem Tag nicht ein einziges Mal den Namen des
SPD-Kandidaten in den Mund genommen, geschweige denn auf ihn oder provokante
Aussagen in irgendeiner Form reagiert. Und wäre es nach ihr gegangen, hätte man
auch das TV-Duell weglassen können. Am Ende musste sie dann zumindest einmal
ran, zur besten Sendezeit und gleich auf vier Kanälen, die alle je einen
Fragensteller in die Arena werfen und damit an diesem TV-Event teilnehmen
durften. Und wie gern hätte ich schon über dieses Fernsehereignis berichtet,
wie Maybrit Illner, Anne Will, Peter Klöppel und Stefan Raab die beiden
Spitzenkandidaten mit Fragen löchern, sie zu klaren Aussagen drängen, sie
vielleicht sogar aus der Reserve locken. Oder wenigstens sehen zu können, wie
sie versuchen die potentiellen Wähler mit Argumenten davon zu überzeugen ihr
Kreuzchen an der - aus ihrer Sicht - richtigen Stelle zu machen oder
zumindest die großen Wahlversprechen aufzählen. Nun ja, ein klein bisschen
davon gab es, aber im Großen und Ganzen hat sich Mutti ausnahmsweise Mal erst die
Fragen angehört, bevor sie sie nicht beantwortet, um dann alles schön zu reden
und Erklär-Peer musste natürlich - schon aus Prinzip - widersprechen, hat aber
zumindest versucht zu argumentieren und die Fragen zu beantworten. Das
scheinbar von vielen erwartete wilde Durcheinandergebrüll, wüste
Beschimpfen und Schlammcatchen-bis-einer-heult blieb dann allerdings, nur wenig
überraschend, aus. Unter dem Strich blieb eine Regierungschefin, die Steinbrück
wie verrückt um eine große Koalition anbaggert und final sogar so weit geht und
ihrem aktuellen Koalitionspartner ihr vollstes Vertrauen ausspricht. Und alle
wissen was das heißt! Wenn nicht, fragt nochmal schnell bei den Herren Jung, zu
Guttenberg, Wulff, Brüderle, Röttgen und Frau Schavan nach.
Nach dieser doch eher Kuschelveranstaltung startete nun aber endlich der
Wahlkampf in seine heiße Phase und schon tags darauf lieferten sich die
Spitzenkandidaten der Kleinen ihren eigenen TV-Dreikampf und boten dem
Zuschauer endlich wildes Gebrüll und wüste Beschimpfungen. Brüderle, Gysi und
Trittin sind halt noch von der alten Schule. Dementsprechend kamen die
Moderatoren natürlich noch weniger zu Wort, aber es war ordentlich Stimmung in
der Bude. Von nun an verging kein Tag an dem nicht irgendein Politiker in irgendeiner
Talkshow irgendeine Neuigkeit zu verkünden hatte, die ein anderes
Parteimitglied am Folgetag dann schnell wieder verwarf. Aber es ist ja mehr als
bekannt, dass sämtliche Wahlversprechen ihre Gültigkeit sowieso mit dem Wahltag
verlieren.
Grundsätzlich Neues gab demzufolge dann auch nicht zu vermelden: Bei der
CDU meldet sich, wenn überhaupt nur die Kanzlerin höchst selbst zu Wort und
erklärt, wie toll die Regierung doch ist und wie gut es uns allen geht. Die FDP
dackelt brav hinterher und nickt zustimmend. Das führt in der Tat dann dazu,
dass die SPD, sich redlich mühend, leichten Rückenwind bekommt und Peer
Steinbrück mit seiner Schlagfertigkeit und forschen Art in der Wählergunst
aufholt. Nur ab und zu kramen die Unionsanhänger noch die ollen Kamellen vom
holprigen Wahlkampfstart des Problem-Peers hervor, sitzen dass sonst aber ganz
entspannt aus. Der Abstand scheint groß genug und es läuft ja im Grunde so, wie
Mutti sich das wünscht. Lediglich der CSU-Horst aus dem Süden der Republik
muckt gelegentlich auf, was aber daran liegt, dass er am letzten Wochenende vor
der Bundestagswahl noch eben schnell seine Alleinherrschaft über den
Sonnenstaat Bayern erobern wollte.
Für die wirklichen "Highlights" des Wahlkampfes sorgen die
anderen Parteien: Renate K. aus Berlin plädiert für den Veggie-Day und erweist
ihrer Partei damit einen Beerendienst. Die FDP glänzt bei der Erstellung ihres
Wahlwerbespots und lässt in diesem dieselbe Familie durchs Bild radeln, wie die
NPD in Ihrem Wahlwerbevideo und ein finnischer Quarkhersteller in seinem
Werbefilmchen. Aber auf die, die schon am Boden liegen, soll man ja nicht mehr
einschlagen. Die Piraten hingegen haben sich schon ordentlich an die
politischen Gepflogenheiten angepasst und versprechen denen, die überhaupt noch
hinhören, das Blaue vom Himmel, um schon beim vorsichtigstes Nachfragen jedoch
derart ins Schleudern zu geraten, dass man auch die nicht ernst nehmen kann.
Immerhin haben die schöne bunte Wahlplakate, aber was soll mir die Katze und
der Spruch "Macht Lack! Mein Dope ist alle." eigentlich sagen? Das
wird beim Wahlkampf-Limbo nur noch von der Jungen Union geschlagen, die ein
Plakat entworfen hat unter dem Motto: "Ohne Mutti ist alles doof! -
Mittelstand doof, Sparen doof, Leistung doof, Sicherheit doof, usw."
Hauptsache den Wahlbürger schön für dumm verkaufen - früh übt sich...
Die Linke hingegen beschränkt sich darauf, Frau Wagenknecht im Fernsehen
immer gut aussehen und Herrn Gysi reden zu lassen. Der kleine Kampfzwerg läuft
auch regelmäßig zur Höchstform auf und wirft liebend gern mit Zahlen und
Statistiken um sich, die von den Anderen, wie sollte es auch anders sein,
postwendend mit komplett Gegenteiligen Zahlen und Statistiken widerlegt werden.
Dabei teilt er verbal auch gerne aus, dummer Weise immer nur gegen die
potentiellen Koalitionspartner, die daraufhin beleidigte Leberwurst spielen und
um nichts in der Welt mit dem kleinen Gregor spielen wollen. Die von der AfD
scheinen ihr Thema bereits im Vorfeld komplett ausgereizt zu haben und haben
schon eingesehen, dass weiteres Mühen nicht groß lohnt. Steinbrück dagegen hat
Lunte gerochen und lässt nun nichts mehr unversucht. Er nutzt jede Möglichkeit
um noch etwas Aufmerksamkeit und eventuell noch Stimmen zu generieren, koste es
was es wolle. Tritt bei Circus HalliGalli auf und lässt sich für ein
SZ-Interview mit Stinkefinger ablichten. Ganz im Gegensatz dazu Phipsi Rösler,
der den Schwanz einzieht und ein provokantes Interview mit der taz dann lieber
doch nicht frei gibt. Solche Hosenscheißer haben in der Politik beim besten
Willen nix verloren.
Das sieht man auch in Bayern so, womit ich nochmal kurz zurück zur dortigen
Kaiserkrönung ... ähhm ... ich meine natürlich Landtagswahl komme. Da scheint
Seehofers Alleinherrschaft für die meisten Bajuwaren dann doch das kleinere
Übel zu sein. Mit dem Ergebnis, dass die Liberalen in Bayern gar nicht
mehr mitspielen dürfen und nun urplötzlich befürchten, dass ihnen dasselbe
Schicksal auch auf Bundesebene blüht. Das wiederrum lässt Phipsi nochmal aus
der Ecke hervor kläffen und das Märchen vom Rot-Rot-Grünen Schreckgespenst
erzählen und um Mitleid, Gnade und Leihstimmen winseln. Doch die CDU wollen
sich die Butter eigentlich auch nur ungern vom Brot nehmen lassen.
Egal, ich hab meine Kreuzchen schon gemacht und auch wenn DIE mit meiner
Stimme ab demnächst eh machen, was sie wollen, ich darf dann wenigstens drüber
meckern!