Apropos schöner wohnen im TV. Im Vorabendprogramm eines deutschen
Kabelfernsehsenders lief vor kurzem ein neues Format an: "Mein Zuhause,
dein Zuhause". Hier treffen, nach dem gleichen Prinzip wie beim Perfekten
Dinner oder der Shopping Queen, jede Woche fünf verschiedene Menschen auf
einander und zeigen sich gegenseitig ihre tollen Wohnungen, Häuser,
Lofts, Apartments und dürfen sich dann abschließend bewerten. Und da
ich ja durchaus ein gewisses Interesse für Inneneinrichtung hege, war meine Neugier
zu sehen, wie man seine eigene Bude eventuell auch einrichten kann und
irgendwie auch meine voyeuristische Seite angestachelt und so saß ich dann vor
der Glotze und schaute gebannt den Start der neuen Sendung. Voller Vorfreude
auf stylische, kreative, durchdesignte oder auch nur extrem originelle
Einrichtungsstile legte ich sogar die Fernbedienung beiseite und dann DAS! Da
zeigen die in der ersten Folge eine völlig chaotische Studenten-Musiker-WG,
deren kreatives, innenarchitektonisches Highlight tatsächlich darin
bestand, dass jeder Bewohner sein Zimmer der Altbauwohnung anders gestaltet hat
und ein Schlagzeug im Wohnzimmer stand. Dementsprechend wurde das Ganze
dann auch von den anderen (leicht abgedrehten) Wettbewerbern als
konzeptlos benotet und endete mit Vorwürfen über mangelnde Sauberkeit. Naja,
nicht wirklich das was ich erwartet hatte, aber immerhin kam doch die ein oder
andere Erinnerung an die eigene WG-Zeit zurück. Zudem versprach die Vorschau
auf die nächste Folge dann doch eine perfekt gestylte Wohnung und so sollte die
Sendung zumindest noch ihre zweite Chance bekommen. Und in der Tat, in Folge
Nummer zwei wird eine komplett im weiß gehaltene, extrem cleane und fast
futuristisch eingerichtete Maisonettewohnung präsentiert. Bis auf ganz
wenige Farbakzente ist hier wirklich alles weiß: die Möbel, die Wände,
sämtliche Deko und sogar die Blumen. Ach ja die Katze auch. Zugegeben, man muss
das mögen, wirkt ja schon etwas kühl und unpersönlich. Doch Konzept und Style
sind konsequent umgesetzt und außergewöhnlich ist es auch. Schon eher das, was
ich erwartet hatte. Tag drei wird groß angekündigt als
Ayurveda-Feng-Shui-Buddha-Wohntraum und ist letztendlich an Unoriginalität
nicht mehr zu überbieten. Gelbe Wände, unzählige Buddha Statuen und ein paar
Räucherstäbchen sollen zwar asiatischen Charme versprühen, sind aber eher
traurige Zeugen mangelnder Kreativität und wirken bedauerlicher Weise nur
gewollt aber nicht gekonnt. Die Besichtigung der vierten Wohnung verpasse ich,
wie sich in der Rückblende feststellen lässt, zum Glück. Beim Wochenabschluss
bin ich dann aber wieder mit dabei und bekomme eine zum Kitschschloss, von oben
bis unten mit Dekoelementen zugepflasterte Altbauwohnung, vorgestellt. König
Ludwig II. wäre bei dem Anblick vermutlich vor Neid erblasst. Wirkt fast wie
ein Museum, nur bunter und etwas mehr Durcheinander. Interessanter Weise ist
ausgerechnet das Schlafzimmer des Schlossherren nahezu in schlichtem Weiß
gehalten und wirkt daher beinahe wie ein Fremdkörper und die Frage sei
gestattet: Findet der Bewohner den Rest seiner
Wohnung selbst wirklich wohnlich. Ende der Woche war ich dann doch
eher enttäuscht von dem neuen Format und über das Wochenende war die Wohnschau
auch recht zügig wieder vergessen. Bis ich am Dienstag beim zappen wieder
darüber stolperte und was ich da sah ... mir fehlen die Worte. Eine Bude
vollgeramscht mit allem möglichen Tinnef, alles kunterbunt,
ein Sammelsurium der Geschmacklosigkeiten, bevorzugte Farbe rosarot
und überall Aufkleber und Wandtattoos, obendrein allem Anschein nach noch
komplett versifft. Man möchte sogar als Zuschauer schreiend aus der Wohnung
rennen und schnell die dicke "Schöner Wohnen"-Tante von RTL anrufen.
Oder besser noch... gab es nicht auf einem anderen Sender irgend so ein
Messie-Team??? Die Krönung ist dann aber, als eine der Kandidatinnen, die den
Zwischenblenden zufolge selbst in einem Haus vollgestopft mit Kuscheltieren
wohnt, über das ganze herzieht. Köstlich und ich glaube der Moment, in dem mir
die Ironie dieser Sendung erst bewusst wird. Für den nächsten Tag wird
schließlich noch ein Architektenhaus angekündigt - die Hoffnung stirbt
bekanntlich zuletzt. Ich bleibe hartnäckig und schalte erneut ein. Mein Hang
zum Voyeurismus stellt sich jedoch immer mehr als Hang zur Selbstkasteiung
heraus, denn das Architektenhaus versprüht den Charme eines, wie soll ich
sagen, eines nullachtfünfzehn Musterhaus. Der Wellnesstempel entpuppt sich
als großzügiger, weiß gekachelter Raum mit integrierter Baumarktsauna und
Plastikliege. Ich bin dem Heulen nah. Jetzt ist in dem Haus nicht alles
schlecht. Ein offen gestalteter Eingangsbereich mit freischwebender Treppe, ein
zu drei Seiten offener Kamin, stilvoll gewählte Tapeten als partielle
Farbtupfer und die Küche haben sich die Hausherren auch einiges kosten lassen.
Aber alles wirkt vom Gesamteindruck her irgendwie unfertig, steril und
halbherzig. Den letzten Rest gibt mir die lilafarbene, nackte Wand im
Wohnzimmer. Doch bevor mir endgültig die Tränen kommen, ist zum Glück Schluss
und ich beschließe - da morgen die Durchgeknallte mit den Kuscheltieren dran
ist - ich schaue wieder rein. Allerdings nicht ohne vorher ordentlich Alkohol
kalt gestellt zu haben, mich vor allem auf die Lästereien und hämischen
Kommentare zu freuen. Gesagt getan, Gläser gefüllt (okay schon das zweite Mal
nachgefüllt - sicher ist sicher!) und eingeschaltet... aber da ist nicht die
Kuscheltiertante... da läuft ja was ganz anderes! Ich bin verwirrt und wälze
die Fernsehzeitung, schaue im Videotext nach und suche im Internet. Nichts!
Haben die die Sendung einfach abgesetzt. Dabei waren doch vier Wochen à fünf
Folgen geplant und nach acht Shows ist einfach Schluss? Gut so... da hatte wohl
doch jemand ein Einsehen und vermisst hat es bis jetzt ganz offensichtlich auch niemand. Wenn das mal mit anderen Formaten auch so schnell funktionieren würde.
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