Montag, 17. Juni 2013

Bruttonationalglück?!


Leute, Leute was war das denn bitte für eine Woche? Da weiß man ja gar nicht so Recht, wo man anfangen soll. Jeden Tag eine neue Schlagzeile, eigentlich genug um ein ganzes Sommerloch zu füllen. Aber nix da! Alles noch schön vor der Ferienzeit verbraten. Fangen wir also am besten direkt vor der Haustür an. An Selbige kommen einige seit etlichen Tagen - wenn überhaupt - nur noch mit einem Boot. Denn innerhalb von nur elf Jahren sind zahlreiche Elbe-, Mulde- und Saalestädter zum zweiten Mal von einer Jahrhundertflut heimgesucht worden. Auch entlang von Donau und Neckar und in Österreich und Tschechien ist das gesamte Lebenswerk vieler Menschen im wahrsten Sinne des Wortes einfach weggespült worden. Doch das eigentliche Drama ist wohl, dass den Krawallmedien so langsam die Superlative für derartige Ereignisse ausgehen. Denn es ist wirklich ebenso erstaunlich, wie lobenswert, welche Solidarität und Hilfsbereitschaft innerhalb kürzester Zeit ans Tageslicht gelangt, wenn die Kacke wirklich am dampfen ist, oder besser gesagt, das Wasser bis zum Halse steht. So nach und nach versuchen nun alle noch irgendwie mit auf den Zug der Solidarität aufzuspringen. Seien es die verschiedenen Radio- und Fernsehsender, Fußballvereine oder Künstler, die mit Benefiz- und Spendenaktionen Geld von jedermann einsammeln wollen, und dieses dann als große Geste unter eigenem Namen weitergeben, damit sie nicht in die eigene Tasche greifen müssen. Aber wollen wir nicht zu kritisch sein, den Betroffenen wird am Ende egal sein, woher das Geld kommt. Hauptsache es kommt auch wirklich dort an, wo es dringend benötigt wird. Unsere Politik(er) war(en) eher darum besorgt, möglichst unbeschadet aus der Nummer raus zu kommen. So hat die Muddi der Nation auch erst nach über einer Woche ihre Gummistiefel gefunden um mal vor Ort vorbei zu schauen. Das war jetzt für die Flutopfer keine große Hilfe, aber bevorstehende Bundestagswahlen hilft es wohl zu gewinnen. Noch peinlicher war aber das ständige Schuld hin und her schieben zwischen Regionalpolitikern und Bevölkerung, wenn es um das Thema versäumter Hochwasserschutz in der eigenen Stadt ging. Über die diversen politischen Kurzschlussvorschläge - Hochwassersteuer für alle, einmauern der Risikogebiete - oder der Schrei in sozialen Netzwerken nach Hilfe aus dem Ausland, lege ich an dieser Stelle kopfschüttelnd besser den Mantel des Schweigens.
Gelüftet wurde der Mantel des Schweigens, wenn auch eher unfreiwillig, über das Spionagegebaren der NSA im WWW. Nicht das es wirklich überrascht, aber die US-Regierung fühlt sich genötigt, auf sämtliche Kommunikation im Netz, sei es nun in den sozialen Netzwerken, E-Mails oder direkt bei Google, Apple, Microsoft und Yahoo, ein wachsames Auge zu werfen. Zur Terrorprävention! Auch wenn in diesem Jahr in den USA bisher mehr Menschen durch nicht ganz fachgerechten Waffengebrauch von Kleinkindern, als durch terroristische Anschläge getötet wurden. Aber dafür ist ja auch eher die NRA verantwortlich. NRA, NSA, da ist die Verwechslungsgefahr nicht von der Hand zuweisen und der Übergang vermutlich auch fließend. Offiziell dienen beide vermutlich dem Gemeinwohl. Und weil die amerikanische Spähsoftware Prism - Skandal! - so schön funktioniert, beschließt die Bundesregierung, zum Schutz der deutschen Bevölkerung, dass der BND so etwas auch braucht. Ganz zur Freude von Bundesinnen-Mielke H.P. Friedrich. Nachdem das Projekt Bundestrojaner ja leider etwas schief gegangen ist, könnte man dann vorab selber schon einmal querlesen, was die Amis dann alles zu sehen bekommen. 
In dieselbe Kategorie passt im Grunde auch noch die nächste Schlagzeile: WLAN aus den Wolken. Denn Google plant mit Hilfe von Heliumballons ein weltumspannendes Netz zur Versorgung der ganzen Welt mit Internet zu errichten. Sicher gut gemeint, aber auch nicht ganz uneigennützig. Schreit ein wenig nach Weltherrschaft und klingt, wenn ich nur kurz an das ein paar Zeilen weiter oben geschriebene erinnern darf, ziemlich beängstigend.
Nicht nur beängstigend, sondern ernsthaft schockierend ist das Verhalten des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, der ganz offensichtlich erheblich den Bezug zur Realität verliert. Was außerhalb der Türkei kaum bekannt wurde, sind die zunehmend verschärften Gesetze in Bezug auf das tägliche Leben im Land und äußerst fragwürdige Forderungen hinsichtlich Geburtenzahlen (drei Kinder oder mehr) usw. Da wähnt man ein Land auf behutsamem Weg in Richtung freiheitlich-liberalem Denken, das stolz die Trennung von Staat und Religion kolportiert und dann verkündet der zwar Gewählte - aber so einen hatten wir in Deutschland vor 75 Jahren auch schon - im Wahn ein Gottesgesetz nach dem anderen. So wird dann die Diskussion um ein paar Bäume im Stadtzentrum von Istanbul zum Auslöser für eine Massenbewegung der Bevölkerung im ganzen Land, die die gesamte Unzufriedenheit an die Oberfläche bringt. Und wenn Menschen, quer durch alle Schichten, jung, alt, verschleiert oder nicht, sich zusammen finden und überwiegend friedlich, aber mit Vehemenz protestieren und dem Herrschenden nichts weiter einfällt, als mit aller Gewalt gegen diese vorzugehen, ist dies nicht zu tolerieren. Dass die Stürmung des Gezi-Park mit dem letzten Ton des Abendgebetes beginnt und die Regierung den Taksim-Platz nach tagelangen Straßenschlachten über Nacht wieder herrichten lässt, um so zu tun, als wäre nichts passiert, setzt dem ganzen nur noch die Krone auf. Man kann nur hoffen, dass die Widerstandsbewegung sich von solchen Aktionen nicht entmutigen lässt, weiter macht, für die schon einmal errungenen Freiheiten kämpft und dabei sämtliche mögliche Unterstützung erfährt. 
Die positiven Konsequenzen von langjährigen Repressalien durch wahnwitzige Regierungschefs können wir, zugegebener Maßen ein wenig unerwartet, in der scheinbar besser als erwartet funktionierenden Demokratie im Iran erleben. Zwar hat der gewählte Präsident des Landes nicht allzu viel politisches Sagen - das Staatsoberhaupt bleibt der sogenannte Oberste Rechtsgelehrte oder Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei -, doch es ist hoffentlich als positives Zeichen für eine gemäßigtere Politik nach außen und vor allem nach innen zu werten, dass ausgerechnet der moderateste Kandidat Hassan Rohani, im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erlangt und den allseits unbeliebten Mahmud Ahmadinedschad ablöst. Die Wahlbeteiligung lag trotz angedrohter Repressalien bei über 72 Prozent. Jetzt bleibt, in erster Linie für alle Iraner, zu hoffen, dass der neugewählte Staatspräsident seinen Versprechungen auch die entsprechenden Taten folgen lassen kann und das Volkswohl wieder eine größere Rolle spielt, als unter dem Vorgänger. 
Ein Nachfolger wird auch in Brasilien gesucht. Allerdings erst im nächsten Jahr, denn dann findet dort die nächste Fußballweltmeisterschaft statt. Ein Jahr vorher findet, quasi zur Vorbereitung, der Confed-Cup statt. Ein Fußballturnier, bei dem der Gastgeber gegen den amtierenden Weltmeister und die sechs Kontinentalmeister zum Testlauf antritt. Dummer Weise haben auch hier die Verantwortlichen wieder nicht über den eigenen Tellerrand, beziehungsweise die Stadionmauern geschaut. Mit dem Ergebnis, dass man bis 2014 zwar zwölf topmoderne Stadien errichtet, davon sieben komplett neu gebaut und fünf grundlegend umgebaut, aber die Infrastruktur rund herum vernachlässigt werden. Und so ist es wenig verwunderlich, dass rund um die WM-Generalprobe tausende Brasilianer ihren Unmut kund tun und gegen die Milliardenverschwendung protestieren und fordern das Geld besser in Krankenhäuser, Schulen, Infrastruktur und Bildung zu investieren. Auch hier fühlt sich die Staatsmacht genötigt mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die Protestierenden vorzugehen, auch wenn die Augen der Öffentlichkeit bereits auf das Land gerichtet sind.
Ebenfalls ein Neubau sorgt auch in Berlin für große Begeisterung. Nachdem endlich der international Airport BER pünktlich fertiggestellt wurde und noch ein paar beim Bau gesparte Euro übrig geblieben sind, wurde in dieser Woche der Grundstein für das neue Stadtschlösschen für König Wowi XIV. gelegt. Damit geht nach langem hin und her ein großer Wunsch aller Berliner in Erfüllung und die unschöne grüne Freifläche am Spreeufer verschwindet. Zur Begutachtung der Baufortschritte reist dann in den kommenden Tagen auch direkt der US-Präsident an. Auch auf ihn freuen sich alle Berliner schon wie Bolle und nehmen dafür gern kilometerlange Staus und Umweg in Kauf. Außerdem wird Mister Obama unserer Angie schön den Rücken für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf stärken. In dessen Vorbereitung finden und fanden gerade die großen Parteitage der Parteien statt, wo im Kern die jeweiligen Programme verabschiedet wurden. Diese mehrere hundert Seiten umfassenden fiktionalen literarischen Werke sollen dem potentiellen Wähler die Entscheidung ein wenig erleichtern und im Endeffekt zur Verbesserung seiner Lebenssituation beitragen. Jetzt habe ich selber noch nicht alle Parteiprogramme komplett durchlesen können, befürchte aber, dass sich erneut niemand eine Anregung aus dem Königreich Bhutan, einem kleinen Staat im Himalaya, zu Herzen genommen hat und das Bruttonationalglück zum neuen politischen Ziel erklärt. Dabei geht es um soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz, Kultur und vertrauenswürdige Politik zum Wohle der Gesellschaft, nicht um Macht oder Reichtum, nicht um Bestimmung, sondern um Mitbestimmung, nicht um Diskriminierung oder totale Kontrolle und erst recht nicht um Gewalt. Es geht nicht um einen, es geht um ALLE!

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