Donnerstag, 9. Oktober 2014

Lost in Train Station



Ich hatte mir eigentlich fest vorgenommen in meinem Blog nie, wirklich niemals einen Beitrag über die geballte Inkompetenz der Deutschen Bahn AG zu schreiben, denn sie gibt einem ja im Grunde bei jeder Reise auf Schienen mindestens einen Anlass um sich gehörig aufzuregen. Aber was sich die Bahn am letzten Wochenende, einem Dank Freitag-Feiertag verlängertem und spätsommerlichem Wetter idealen Reisewochenende geleistet hat spottet wirklich jeder Beschreibung. Ich werde versuchen, auf wüste Beschimpfungen und unendliche Hasstiraden zu verzichten und mich für eventuelle verbale Ausfälle direkt im Vorhinein entschuldigen.
Ich hatte also, wie ganz offensichtlich einige andere auch, die glorreiche Idee, das Wochenende zum Reisen und Freunde besuchen zu nutzen. Kurz gesagt: einmal Berlin – Heidelberg und zurück. Um Zeit und Geld zu sparen entschied ich, das erste Teilstück von Berlin nach Frankfurt mit dem Flugzeug zurückzulegen und nur für das letzte Stück den Zug zu wählen. Ich glaube, ich hatte dabei Gedanken wie „Risikominimierung“ und „Nervenschonung“ im Hinterkopf. Nun ja, ich möchte nicht zu viel vorweg verraten, aber der Plan ist irgendwie nicht ganz aufgegangen. Doch der Reihe nach. Die Flüge waren bereits lange gebucht, die passenden Zugverbindungen recherchiert und so machte ich mich am späten Freitagvormittag auf in Richtung Berliner Flughafen. Dem in Tegel, denn der funktioniert ja noch. Eingecheckt hatte ich bereits online und um auf die zeitraubende Gepäckabgabe verzichten zu können, musste – für die drei Tage – Handgepäck ausreichen. Ich packe also, um den Security Check nicht unnötig in die Länge zu ziehen, vorsichtshalber sämtliche Hieb-, Stich- und Schusswaffen, Kugelschreiberminen, Plastikgabeln, Flammenwerfer, Sprengstoffe und radioaktiven Materialien gar nicht erst in den Koffer und die Hygiene-Flüssigkeiten in einen separaten, durchsichtigen Zipp-Beutel. Ganz im Gegenteil zu dem Passagier, der wenig später direkt vor mir versucht durch die Sicherheitskontrolle zu gelangen. Aber so etwas hatte ich, ebenso wie einen verpassten Bus, der mich laut Fahrplan in circa zwanzig Minuten zum Flughafenterminal bringen sollte, in meiner dennoch sportlichen Zeitplanung einkalkuliert. Und so war ich auch immer noch völlig entspannt, als ich den avisierten Bus, oder seinen erheblich verspäteten Vorgänger, ungefähr zweieinhalb Minuten vor offizieller Abfahrt fröhlich vor meiner Nase davonfahren sah, egal, noch fünfundfünfzig Minuten bis zum Boarding. Die ersten zehn Haltestellenminuten vergingen, kein Bus, noch fünfundvierzig Minuten. Die nächsten fünf Haltestellenminuten vergingen, etwas langsamer, immer noch kein Bus, vierzig Minuten bis zum Boarding. Leichte Nervosität kam auf und ich schmiedete bereits erste Plan-Bs, doch auch Taxen verirrten sich an diesem Feiertag nur wenige auf Berlins Straßen. Weitere fünf Minuten verrannen. Ich vermisste, zusammen mit einer Leidensgenossin, somit schon den dritten Bus und  wurde durchaus etwas unruhig, bis dann endlich, mit nur wenigen Minuten Verspätung, der leicht überfüllte Bus gen Flughafen auftauchte. Meinem Schicksal überlassen, hoffte ich nun, gut zweiunddreißig Minuten bis zum Boarding, zumindest nicht noch in einen kapitalen Stau zu geraten. Als erste kleine Rache an der BVG ersparte ich meiner Mitwarterin den Kauf eines Tickets und schob sie, wild mit meiner Monatskarte winkend, am bereits nach dem Geld lechzenden Busfahrer vorbei und konnte somit dafür sorgen, dass sich Ihre Gesichtszüge ein wenig entspannten. Am Flughafenterminal angekommen – noch elf Minuten –, durchquerte ich dieses mit recht zügigem Schritt in Richtung Gate, welches sich logischer Weise am hintersten Ende des Terminals befand und reihte mich, in die wie erwartet, kurze Schlange am Security Check ein. Der schon erwähnte potentielle Terrorist vor mir fietschte beim Durchqueren des Metalldetektors wie ein Irrer. Zurück. Laptop, Uhr, Kette, Kleingeld, Gürtel hätte man ja vorher ablegen können. Zweiter Versuch: gleiches Ergebnis. Noch mehr Kleingeld. Und ganz offensichtlich diverse Metallplatten und Piercings im und am Körper. Dazu Nieten an der Hose und Stahlkappen in den Schuhen. Der Typ stand also noch eine Weile da rum und wurde aufs penibelste mit dem Handmetalldetektor abgecheckt. Ich wurde vorbei gewunken. Nichts. Als ich Gürtel und Armbanduhr wieder anlegte, immer noch sieben Minuten, und meinen Koffer entgegennahm, wurde die Tasche meines Vorgängers schon mal mit hochgezogener Augenbraue dezent zur Seite gezogen. Ich machte mich derweil auf den Weg in den Duty Free Shop, Gastgeschenk besorgen. Noch schnell eine Zeitung gegriffen, alles verstaut und ab ins Flugzeug.
Nach kurzem Auf und wieder Ab, einem schnellen Kaffee und einer Rundfahrt über den Frankfurter Flughafen, die ungefähr so lange dauerte, wie der eigentliche Flug, begab ich mich zügig, aber mit leichtem Umweg, in Richtung des Bahnanschlusses Gleis 4. Dank meiner guten Vorbereitung, wusste ich, dass in etwa fünfzehn Minuten der nächste ICE Richtung Mannheim fahren und ich in etwa einer Stunde, pünktlich zu Kaffee und Kuchen, mein Reiseziel entspannt erreicht haben sollte. Soweit die Theorie. In Realität empfing mich die Bahn mit dem freundlichen Hinweis: „ICE 0815 – heute circa. Fünfundzwanzig Minuten später“ und gab mir so die Möglichkeit, noch etwas durch den vorhandenen Supermarkt zu schlendern und die fantastische Aussicht aus dem Untergeschoss des Bahnhofs zu genießen. Als der Inter City Express dann endlich eintraf, hielt er folgenden zusätzlichen kleinen Überraschungen parat: „umgekehrte Wagenreihung“ und „heute am Gleis 5“ und sorgte damit für leichtes Extra-Tohuwabohu am Bahnsteig – Leser, die dieses Ereignis schon einmal live miterleben durften, wissen wovon ich rede. Eine „Wall of Death“ beim Wacken-Festival ist ein Kindergeburtstag dagegen. Immerhin, ich konnte sogar einen Sitzplatz ergattern und hatte somit alle Ruhe, um nach der alternativen Anschlussverbindung von Mannheim nach Heidelberg zu suchen. Schnell musste ich feststellen, dass dank des Feiertags, die S-Bahnen in deutlich größeren Abständen fuhren, als erwartet und so hoffte ich, um nicht eine weitere sinnlose halbe Stunde im stin…, ähm, in Mannheim ausharren zu müssen, die nächste S-Bahn noch knapp zu erwischen. Um es positiv zu formulieren: ich konnte noch aus relativ nächster Nähe feststellen, dass diese S-Bahn den Bahnhof sehr pünktlich Richtung Südosten verlies. Ganz offensichtlich hatte ich damit gerade noch den einzigen Zug des Tages gesehen, der den vorgesehenen Fahrplan einhielt, den nur wenige Augenblicke später, dröhnte aus dem Lautsprecher vom Nachbargleis der Hinweis, dass ein Inter City nach Stuttgart – Surprise, Surprise – mit Halt in Heidelberg „heute mit fünfunddreißig Minuten Verspätung“ mich in einigen Minuten an mein Reiseziel bringen würde. Und schwupp-die-wupp war ich, die Fahrt in bester Gesellschaft einer Gruppe rotzbesoffener und weder ihrer Zungen noch sonstigen Körperteile kontrollmächtiger Jugendlichen auf „Kegelfahrt“, nur eine viertel Stunde später am Ziel angekommen, voller Vorfreude auf das bevorstehende Wochenende und ohne einen Gedanken an die mich erwartende, sagen wir eindrucksvolle, Rückreise.
To be continued…

2 Kommentare:

  1. Klingt doch wie ein, warte, le.., warte es kommt gleich, legendäres Wochenende! :)

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    1. Und das war erst der Anfang. Das eigentliche Highlight folgt im nächsten Teil.

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