Mittwoch, 1. Oktober 2014

Reif für die Insel?!

So eine Urlaubswoche ist zwar immer viel zu schnell wieder vorbei, aber wenn das Reiseziel Gozo hieß, kann man durchaus etwas länger von den vielen Eindrücken zehren. Allen die jetzt wild am googlen sind: „Gozo? Wo soll das denn sein?“, kann ich verraten, dass es sich dabei um die kleine Schwesterninsel von Malta handelt. Etwa 100 Kilometer südlich von Sizilien, mitten im Mittelmeer, gelegen und in etwa drei Flugstunden von Deutschland aus zu erreichen, ist der maltesische Inselarchipel durchaus noch ein Geheimtipp für all diejenigen, die sich nicht den ganzen Tag an kilometerlangen Sandstränden durchgrillen lassen wollen oder lieber Eiswüsten durchwandern. Während die Hauptinsel Malta mit ihren 28 mal 14 Kilometern schon nicht gerade riesig ist, ist Gozo mit 14 mal 8 Kilometern erst recht sehr überschaubar. Doch das hat durchaus seine Vorteile, denn so gelangt man, egal ob zu Fuß, mit dem Rad, Quad, Bus, oder Auto, schnell und von Ort zu Ort oder Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit. Und sehenswertes gibt es auf dem kleinen Eiland mehr als genug. Doch zuerst noch ein kleiner Nachtrag zur Wahl des Fortbewegungsmittels. Als Überbleibsel der  Britischen Kolonialzeit herrscht heute immer noch Linksverkehr auf den Inseln und in Kombination mit dem südländischen Fahrtemperament der Einheimischen ist die Wahl eines Mietwagens ein recht gewagtes Abenteuer. Zwar sind die Straßen auf Gozo weit weniger befahren als die Maltas, was aber durch die teils eigenwillige Verkehrsführung und die pittoresken engen Gassen zweifelsohne ausgeglichen wird. Wer sich dann wie ich anfangs denkt: „Miet ich mir halt ein Fahrrad!“ der überlegt sich diesen Entschluss spätesten wenn er im wohlklimatisierten Bus vom Hafen in Mgarr Richtung Hotel, durch die mehr als wellige Insellandschaft, gefahren wird und am Straßenrand schwitzende und schnaufende, ihr Fahrrad den Berg hochschiebende Touristen in der gleißenden Mittagssonne entdeckt. Da fällt einem auch wieder ein, dass man sich kurz vor Afrika, etwa auf der Höhe von Tunis befindet, und demnach die Sonne für überaus hitzige Temperaturen sorgt, die lediglich durch straffen Gegenwind erträglicher werden. Ausgiebige Rad- und Wandertouren sind also in den Sommermonaten nur etwas für ganz hartgesottene. Da Gozo aber damit wirbt, eine grüne Insel zu sein –was ich Anfang September so rein gar nicht bestätigen kann – und auch sonst landschaftlich extrem reizvoll und ursprünglich daher kommt, kann ich mir jedoch gut vorstellen, dass vor allem im Frühjahr Wandern und Radeln eine super Alternative ist, die Insel zu erkunden. Die einfachste Möglichkeit Gozo zu entdecken, sind aber – wer hätte das gedacht – die öffentlichen Busse. Diese fahren ziemlich regelmäßig im Halb- bis Einstundentakt, sogar überwiegend pünktlich, sind klimatisiert und das Tagesticket ist mit 1,50 Euro unverschämt günstig. Der zentrale Busbahnhof befindet sich in der Inselhauptstadt Victoria, von den Einheimischen auch gern Rabbat genannt, und von dort verkehren die Buslinien sternförmig in alle Ecken der Insel. Zwar muss man sich beim Umsteigen durchaus mal mit längeren Wartezeiten abfinden, aber man ist ja schließlich im Urlaub und ganz in der Nähe des Busbahnhofs befinden sich mehrere Bistros, Gelaterias und Cafés um die Wartezeit entspannt zu überbrücken. Sitzt man dann einmal im Bus, ist man letztlich auch recht zügig am Ziel und kann die Sehenswürdigkeiten und kleinen Städtchen erkunden.
Und die Insel hat, trotz ihrer überschaubaren Größe mehr als genug zu bieten, so dass einem auf keinen Fall langweilig werden muss. Absolutes Naturhighlight ist die Dwejra Bucht mit dem spektakulären Felsbogen „Azure Window“, dem alten Wachturm, dem unter Naturschutz stehenden Fungus Rock und dem – durch einen sechzig Meter langen, natürlichen Tunnel mit dem Mittelmeer verbundenen – Inland Sea, der als beliebter Tauchspot gilt. Um diese Bucht herum und auf die Klippen die die Bucht umschließen, führt ein Wanderweg bis in das malerische Dörfchen San Lawrenz und bietet spektakuläre Ausblicke und Fotomotive. Am Rande von San Lawrenz, auf dem Weg nach Gharb, ein ebenso beschauliches wie schönes, ursprüngliches Dorf mit alter Windmühle und Heimatmuseum, befinden sich ein paar Häuser, in denen das traditionelle Handwerk Gozos präsentiert wird. Nur einige hundert Meter weiter Richtung Victoria kann man am Straßenrand die Überreste eines alten Aquädukts bestaunen. Wer von sehr alten Steinen nie genug bekommen kann, kommt um einen Besuch der Ggantija Tempel in Xaghra nicht herum. Diese etwa 5.500 Jahre alte, aus gigantischen Steinen (Megalithen) errichtete Tempelanlage, gilt als eine der wichtigsten Archäologischen Fundstätten der Welt. Zwar deutlich jünger, aber ebenso eine Besichtigung wert ist die alte Befestigungsanlage der Inselhauptstadt, die Zitadelle von Victoria. Diese wird zwar gerade umfangreich restauriert bietet aber, neben einigen Museen und Souvenirläden, vor allem in den frühen Morgenstunden und am späten Nachmittag, wenn nur noch wenige Touristen dort herumturnen, tolle Fotomotive und einen fabelhaften Rundumblick über die gesamte Insel. Ebenfalls sehenswert sind die riesigen Kirchen mit ihren eindrucksvollen Kuppeln und ihrem prächtigen Inneren.
Auch wer jetzt nicht unbedingt auf Kirchen und alte Tempel, sondern eher auf pure Natur steht, kann auf Gozo so einiges entdecken. Mitten in Xaghra zum Beispiel, findet man, versteckt in Privathäusern, zwei kleinere Tropfsteinhöhlen, die man nahezu allein und ungestört erkunden kann. Oder die Höhle der Kalypso im Norden der Insel, in der sich, laut griechischen Mythologie, Odysseus einige Jahre lang versteckt haben soll. Besonders eindrucksvoll sind aber die teilweise bis zu 120 Metern hohen und fast senkrecht ins Meer abfallenden Steilküsten, die man entweder wandernd von oben, oder entspannt auf einem Boot schippernd vom Wasser aus, bestaunen kann. Eine Bootstour rund um die Insel dauert, inklusive einiger Schwimmstopps, etwa einen halben Tag und gewährt tolle Einblicke in die vielen kleinen Höhlen und Buchten, auch in die, in der Angelina und Brad – heißen die jetzt eigentlich beide Pitt? – gerade ihre Flitterwochen verbringen. Ideal ist Gozo aber vor allem zum Tauchen und Schnorcheln. Kristallklares, türkisblaues Wasser, jede Menge bunte, große, kleine, dicke, dünne Fische – bisschen wie im Aquarium – und wie schon erwähnt, zahlreiche Höhlen und unzählige Schiffswracks, die oft gar nicht so sehr tief versunken vor der Küste liegen.
Und was darf in einem gelungenen Urlaub niemals fehlen? Richtig! Gutes Essen. Glücklicher Weise waren es nicht nur die Engländer, die irgendwann im Laufe der Geschichte mal die maltesischen Inseln besetzt hatten, sondern auch die Römer, die Griechen, die Türken, die Italiener, die Araber, die Franzosen, die Spanier und dementsprechend vielseitig ist auch die einheimische Küche. Heißt also, es ist für jeden was dabei. Fangfrischer Fisch, von Lampuki – eine Makrelenart – bis Dorade, gebraten, oder gegrillt, ist dabei auf jeder Speisekarte ganz weit oben zu finden. Wie eigentlich alles, was das Meer so hergibt. Eine weitere gozitanische Spezialität ist Fenkata, in Tomaten, Knoblauch und Rotwein geschmortes Kaninchen. Sehr lecker, es empfiehlt sich jedoch vorher nachzufragen, ob man das Fleisch noch vom Knochen nagen muss. Dazu werden meist Kartoffeln und verschiedenes Gemüse, je nach Jahreszeit, serviert. Ebenso typisch für Gozos Küche ist Gbejna, der einheimische Käse aus Schafs- und Ziegenmilch. Diesen findet man fast immer auf dem Teller, ob zum Brot, zum Salat oder als Füllung der Ravjul – richtig geraten: Ravioli. Dank der Nähe zu Sizilien und Italien findet man auch eine große Auswahl an Pizza und Pasta-Gerichten, wodurch man die von den Briten hinterlassenen Fish-and-Chips-Läden getrost links liegen lassen kann. Lediglich das Englische Frühstück muss man über sich ergehen lassen, da hilft auch der gozitanische Honig nur bedingt. Aber ein kurzer Abstecher in die nächstgelegene Bäckerei entschädigt mit unzähligen süßen Leckereien, wie mit Creme gefüllten Kannoli oder fruchtig-gefüllten Teigtaschen – eindeutig Rezepte der türkischen und arabischen Vorfahren. Auch verdursten muss man zum Glück auf Gozo nicht. Das einheimische Lagerbier Cisk ist ebenso gut trinkbar wie die lokalen, beziehungsweise zum Teil aus italienischen Trauben hergestellten, Weine.
Ein Urlaub auf Gozo ist also, wie der Name, übersetzt aus dem Kastilischen, es schon verrät, in jeder Hinsicht eine wahre „Freude“ und von meiner Seite aus wirklich empfehlenswert. Ich wünsche also gute Reise!

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