So eine Urlaubswoche ist zwar immer viel zu schnell
wieder vorbei, aber wenn das Reiseziel Gozo hieß, kann man durchaus etwas
länger von den vielen Eindrücken zehren. Allen die jetzt wild am googlen sind:
„Gozo? Wo soll das denn sein?“, kann ich verraten, dass es sich dabei um die
kleine Schwesterninsel von Malta handelt. Etwa 100 Kilometer südlich von
Sizilien, mitten im Mittelmeer, gelegen und in etwa drei Flugstunden von
Deutschland aus zu erreichen, ist der maltesische Inselarchipel durchaus noch
ein Geheimtipp für all diejenigen, die sich nicht den ganzen Tag an
kilometerlangen Sandstränden durchgrillen lassen wollen oder lieber Eiswüsten
durchwandern. Während die Hauptinsel Malta mit ihren 28 mal 14 Kilometern schon
nicht gerade riesig ist, ist Gozo mit 14 mal 8 Kilometern erst recht sehr
überschaubar. Doch das hat durchaus seine Vorteile, denn so gelangt man, egal
ob zu Fuß, mit dem Rad, Quad, Bus, oder Auto, schnell und von Ort zu Ort oder
Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit. Und sehenswertes gibt es auf dem kleinen
Eiland mehr als genug. Doch zuerst noch ein kleiner Nachtrag zur Wahl des
Fortbewegungsmittels. Als Überbleibsel der Britischen Kolonialzeit herrscht heute immer
noch Linksverkehr auf den Inseln und in Kombination mit dem südländischen Fahrtemperament
der Einheimischen ist die Wahl eines Mietwagens ein recht gewagtes Abenteuer.
Zwar sind die Straßen auf Gozo weit weniger befahren als die Maltas, was aber
durch die teils eigenwillige Verkehrsführung und die pittoresken engen Gassen
zweifelsohne ausgeglichen wird. Wer sich dann wie ich anfangs denkt: „Miet ich
mir halt ein Fahrrad!“ der überlegt sich diesen Entschluss spätesten wenn er im
wohlklimatisierten Bus vom Hafen in Mgarr Richtung Hotel, durch die mehr als
wellige Insellandschaft, gefahren wird und am Straßenrand schwitzende und
schnaufende, ihr Fahrrad den Berg hochschiebende Touristen in der gleißenden
Mittagssonne entdeckt. Da fällt einem auch wieder ein, dass man sich kurz vor
Afrika, etwa auf der Höhe von Tunis befindet, und demnach die Sonne für überaus
hitzige Temperaturen sorgt, die lediglich durch straffen Gegenwind erträglicher
werden. Ausgiebige Rad- und Wandertouren sind also in den Sommermonaten nur
etwas für ganz hartgesottene. Da Gozo aber damit wirbt, eine grüne Insel zu
sein –was ich Anfang September so rein gar nicht bestätigen kann – und auch
sonst landschaftlich extrem reizvoll und ursprünglich daher kommt, kann ich mir
jedoch gut vorstellen, dass vor allem im Frühjahr Wandern und Radeln eine super
Alternative ist, die Insel zu erkunden. Die einfachste Möglichkeit Gozo zu
entdecken, sind aber – wer hätte das gedacht – die öffentlichen Busse. Diese
fahren ziemlich regelmäßig im Halb- bis Einstundentakt, sogar überwiegend
pünktlich, sind klimatisiert und das Tagesticket ist mit 1,50 Euro unverschämt
günstig. Der zentrale Busbahnhof befindet sich in der Inselhauptstadt Victoria,
von den Einheimischen auch gern Rabbat genannt, und von dort verkehren die
Buslinien sternförmig in alle Ecken der Insel. Zwar muss man sich beim
Umsteigen durchaus mal mit längeren Wartezeiten abfinden, aber man ist ja
schließlich im Urlaub und ganz in der Nähe des Busbahnhofs befinden sich
mehrere Bistros, Gelaterias und Cafés um die Wartezeit entspannt zu
überbrücken. Sitzt man dann einmal im Bus, ist man letztlich auch recht zügig am
Ziel und kann die Sehenswürdigkeiten und kleinen Städtchen erkunden.
Und die Insel hat, trotz ihrer überschaubaren Größe mehr
als genug zu bieten, so dass einem auf keinen Fall langweilig werden muss.
Absolutes Naturhighlight ist die Dwejra Bucht mit dem spektakulären Felsbogen
„Azure Window“, dem alten Wachturm, dem unter Naturschutz stehenden Fungus Rock
und dem – durch einen sechzig Meter langen, natürlichen Tunnel mit dem
Mittelmeer verbundenen – Inland Sea, der als beliebter Tauchspot gilt. Um diese
Bucht herum und auf die Klippen die die Bucht umschließen, führt ein Wanderweg bis
in das malerische Dörfchen San Lawrenz und bietet spektakuläre Ausblicke und
Fotomotive. Am Rande von San Lawrenz, auf dem Weg nach Gharb, ein ebenso
beschauliches wie schönes, ursprüngliches Dorf mit alter Windmühle und
Heimatmuseum, befinden sich ein paar Häuser, in denen das traditionelle
Handwerk Gozos präsentiert wird. Nur einige hundert Meter weiter Richtung
Victoria kann man am Straßenrand die Überreste eines alten Aquädukts bestaunen.
Wer von sehr alten Steinen nie genug bekommen kann, kommt um einen Besuch der
Ggantija Tempel in Xaghra nicht herum. Diese etwa 5.500 Jahre alte, aus
gigantischen Steinen (Megalithen) errichtete Tempelanlage, gilt als eine der
wichtigsten Archäologischen Fundstätten der Welt. Zwar deutlich jünger, aber
ebenso eine Besichtigung wert ist die alte Befestigungsanlage der
Inselhauptstadt, die Zitadelle von Victoria. Diese wird zwar gerade umfangreich
restauriert bietet aber, neben einigen Museen und Souvenirläden, vor allem in
den frühen Morgenstunden und am späten Nachmittag, wenn nur noch wenige
Touristen dort herumturnen, tolle Fotomotive und einen fabelhaften Rundumblick
über die gesamte Insel. Ebenfalls sehenswert sind die riesigen Kirchen mit
ihren eindrucksvollen Kuppeln und ihrem prächtigen Inneren.
Auch wer jetzt nicht unbedingt auf Kirchen und alte
Tempel, sondern eher auf pure Natur steht, kann auf Gozo so einiges entdecken.
Mitten in Xaghra zum Beispiel, findet man, versteckt in Privathäusern, zwei
kleinere Tropfsteinhöhlen, die man nahezu allein und ungestört erkunden kann.
Oder die Höhle der Kalypso im Norden der Insel, in der sich, laut griechischen
Mythologie, Odysseus einige Jahre lang versteckt haben soll. Besonders
eindrucksvoll sind aber die teilweise bis zu 120 Metern hohen und fast
senkrecht ins Meer abfallenden Steilküsten, die man entweder wandernd von oben,
oder entspannt auf einem Boot schippernd vom Wasser aus, bestaunen kann. Eine Bootstour
rund um die Insel dauert, inklusive einiger Schwimmstopps, etwa einen halben
Tag und gewährt tolle Einblicke in die vielen kleinen Höhlen und Buchten, auch
in die, in der Angelina und Brad – heißen die jetzt eigentlich beide Pitt? –
gerade ihre Flitterwochen verbringen. Ideal ist Gozo aber vor allem zum Tauchen
und Schnorcheln. Kristallklares, türkisblaues Wasser, jede Menge bunte, große,
kleine, dicke, dünne Fische – bisschen wie im Aquarium – und wie schon erwähnt,
zahlreiche Höhlen und unzählige Schiffswracks, die oft gar nicht so sehr tief
versunken vor der Küste liegen.
Und was darf in einem gelungenen Urlaub niemals fehlen?
Richtig! Gutes Essen. Glücklicher Weise waren es nicht nur die Engländer, die
irgendwann im Laufe der Geschichte mal die maltesischen Inseln besetzt hatten,
sondern auch die Römer, die Griechen, die Türken, die Italiener, die Araber,
die Franzosen, die Spanier und dementsprechend vielseitig ist auch die
einheimische Küche. Heißt also, es ist für jeden was dabei. Fangfrischer Fisch,
von Lampuki – eine Makrelenart – bis Dorade, gebraten, oder gegrillt, ist dabei
auf jeder Speisekarte ganz weit oben zu finden. Wie eigentlich alles, was das
Meer so hergibt. Eine weitere gozitanische Spezialität ist Fenkata, in Tomaten,
Knoblauch und Rotwein geschmortes Kaninchen. Sehr lecker, es empfiehlt sich
jedoch vorher nachzufragen, ob man das Fleisch noch vom Knochen nagen muss. Dazu
werden meist Kartoffeln und verschiedenes Gemüse, je nach Jahreszeit, serviert.
Ebenso typisch für Gozos Küche ist Gbejna, der einheimische Käse aus Schafs-
und Ziegenmilch. Diesen findet man fast immer auf dem Teller, ob zum Brot, zum
Salat oder als Füllung der Ravjul – richtig geraten: Ravioli. Dank der Nähe zu
Sizilien und Italien findet man auch eine große Auswahl an Pizza und
Pasta-Gerichten, wodurch man die von den Briten hinterlassenen
Fish-and-Chips-Läden getrost links liegen lassen kann. Lediglich das Englische
Frühstück muss man über sich ergehen lassen, da hilft auch der gozitanische
Honig nur bedingt. Aber ein kurzer Abstecher in die nächstgelegene Bäckerei
entschädigt mit unzähligen süßen Leckereien, wie mit Creme gefüllten Kannoli
oder fruchtig-gefüllten Teigtaschen – eindeutig Rezepte der türkischen und
arabischen Vorfahren. Auch verdursten muss man zum Glück auf Gozo nicht. Das
einheimische Lagerbier Cisk ist ebenso gut trinkbar wie die lokalen,
beziehungsweise zum Teil aus italienischen Trauben hergestellten, Weine.
Ein Urlaub auf Gozo ist also, wie der Name, übersetzt aus
dem Kastilischen, es schon verrät, in jeder Hinsicht eine wahre „Freude“ und
von meiner Seite aus wirklich empfehlenswert. Ich wünsche also gute Reise!
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