Samstag, 20. Juli 2013

Alles nicht der Rede wert

Die gute Nachricht vornweg: Es ist endlich richtig Sommer! Das Problem dabei: Während wir alle entspannt im Park, im Garten, am See, im Biergarten oder am Strand liegen, verzapfen unsere Regierungspolitiker einen Bockmist nach dem anderen und verkaufen uns obendrein noch für vollkommen verblödet. Doch damit sind sie nicht allein. Die versammelte schlagzeilengeile Medienlandschaft sitzt in ihrem selbst geschaufelten Sommerloch und kackt uns von oben bis unten mit geistigem Mainstreamdünnschiss zu. Beispiele gefällig? Here we go!
Da gibt es einen Berliner Gangster-Rapper - der ist an sich schon gar nicht der Rede wert -, aber der hat da jetzt einen Film gedreht und ein neues Album produziert. Und da hat er sich gedacht, ich stell auf Youtube mal ein Musikvideo ein, in dem ich alles und jeden denunziere und mit kruden Gewaltfantasien dahinmetzel, nur um mal wieder in die Schlagzeilen zu kommen. Dafür Glückwunsch, dass hat funktioniert. Doch anstatt diesen leicht zu durchschauenden Plan des geistigen Dünnbrettbohrers einfach scheitern zu lassen, geben nicht nur die Boulevardpresse, sondern auch vermeintlich seriöse Nachrichtensender ihm die mediale Aufmerksamkeit, die er nun beim besten Willen nicht verdient hat. Jetzt kann man Dummheit leider nicht verbieten, aber man muss sie halt auch nicht noch zusätzlich verbreiten. Besonders erschreckend an der ganzen Geschichte ist aber eigentlich die Tatsache, dass die Anzeigen zweier, in dem Musikvideo direkt namentlich genannter und mit Hasstiraden belegter Politiker, nach der Prüfung durch die Anwaltschaften (!) zurückgewiesen wurden und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften ernsthaft erst prüfen musste, ob dieses Video gegen diverse Vorschriften verstößt. Mit dem Ergebnis, dass sich dieses musikalische Meisterwerk zwar nun auf dem Index befindet, aber für Schwachmaten, die bereits die Volljährigkeit erlangt haben, weiterhin verfügbar ist. Aber was gab es da zu prüfen? Die Frage war doch eher, welche Konsequenzen muss das für den "Künstler" haben. Der Text war nicht jugendgefährdend, der Text beinhaltet, ohne ins Detail gehen zu wollen, klare Beleidigungen, Denunzierungen und Gewalt-, ja im Grunde Mordandrohungen. Immerhin hat die Onlinevideoplattform rasch reagiert und das Video komplett gesperrt. Auch Alice Schwarzer hat sich zu einer Stellungnahme herabgelassen, nachzulesen auf ihrer Homepage. So und jetzt Reden wir nicht mehr darüber...
Das worüber im Moment ganz Deutschland redet ist die die NSA-Prism-Spionage-Affäre. Ganz Deutschland? Nein! Eine kleine unbeugsame Gruppe von Politikern, besser bekannt als Regierung, hört nicht auf, die Wichtigkeit des Themas zu ignorieren. Da ist unser Bundesinnenminister, der Friedrich Hans-Peter, und der ist mit großen Ambitionen zu unseren Freunden mit den großen Ohren in die USA gereist, um dort mal nachzufragen, was die denn so alles abhören, mitlesen, speichern und auswerten und um denen zu sagen, dass wir das alle gar nicht so richtig dufte finden, was ihr Geheimdienst da so treibt. Drüben angekommen, darf er dann auch mit der Sicherheitsberaterin sprechen - die Sekretärin vom NSA-Chef hatte wahrscheinlich gerade keine Zeit - und die erklärt ihm dann, dass das doch alles gar nicht so schlimm sei, nur Metadaten gespeichert würden und ja alles der Sicherheit dient. Immerhin wurden dadurch fünfzig! Terroranschläge verhindert, fünf davon in Deutschland... genau... und die selben Experten haben vor einigen Jahren ja auch schon Massenvernichtungswaffen im Irak entdeckt. Damit wird dann der deutsche Innenminister abgespeist und wieder gen Heimat geschickt, wo er dann wie ein begossener Pudel (ach nee, die Frisur sieht ja immer so aus) uns allen erklärt, dass Prism also im Grunde was Gutes und das ganze Theater ja eigentlich nicht der Rede wert ist. Komplett am Arsch vorbei geht die ganze Geschichte der Frau Bundeskanzlerin, die beantwortet Fragen zur Thematik stoisch mit: Wir haben davon nichts gewusst. Und jetzt müssen wir das analysieren und prüfen. Das machen Experten und ich bin dafür nicht verantwortlich. Und wenn die Experten das geprüft haben, dann müssen wir das auswerten und prüfen ob das verhältnismäßig ist. Bla, Bla, Bla... auf gut deutsch: Is' mir doch egal! Das ist im Übrigen die Taktik der Frau Merkel, Fragen einfach nicht beantworten, schön drumherum reden und ja nichts konkretes sagen. Nachzulesen und hören in diverse Interviews der letzten "Zeit" (empfehlenswert hierzu: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/was-angela-merkel-alles-nicht-weiss-und-deshalb-auch-nicht-bewerten-wird/) oder auf der kürzlich abgehaltenen Bundespressekonferenz. Die sich kurz und schmerzlos mit den Worten eines Westernhagensong zusammenfassen lässt: Keine Ahnung, keine Meinung, kein Konzept, keine Lust um aufzustehn, Ginger Rogers hat mit Fred Astaire gesteppt und ich kann übers Wasser geh’n. Es geht mir gut... Highlight dieses neunzig minütigen Frage-Antwortvermeidungs-Spielchens war dann bezeichnender Weise die Aussage: "Ich erhole mich während der Arbeitszeit". Prima! Die Bildzeitung tituliert diese anderthalb Stunden pure Zeitverschwendung dann auch noch als Wahlkampf. Aber der interessiert weder die Kanzlerin noch sonst jemanden aus der aktuellen Regierung. Die mauscheln alle weiter heimlich still und leise vor sich hin. Frei nach dem Motto, wer nichts macht, macht nix verkehrt. Man wartet ab bis die politischen Gegner ein Thema aufschnappen und es schnappt es denen, wenn es die Wähler tatsächlich zu interessieren scheint, kurzer Hand einfach weg. Bisher ist der Wahlkampf also auch nicht der Rede wert! 
Gleiches gilt irgendwie auch für die aktuell stattfindenden Sportereignisse. Überraschung: Es ist Frauen Fußball Europameisterschaft und man erwartet - in diesem Fall hauptsächlich die mediale Öffentlichkeit - von der Nationalmannschaft den Titel. So wird dann ein Unentschieden gegen Holland zur Vollkatastrophe und ein Drei zu Null Sieg gegen Island zur fantastischen Leistung. Aus fernseh-technischer Sicht hofft man jedoch stark, dass Deutschland das Halbfinale nicht erreicht, denn da findet zeitgleich der Audi-Cup statt, ein gaaaanz wichtiges Vorbereitungsturnier des grandiosen FC Bayern München mit seinem neuen Trainer, dem Messias Pep. Das ein gewisser Josep Guardiola in Wirklichkeit kein Heiliger ist und eine Dopingvergangenheit hat, darüber redet man lieber nicht. Doping, darüber redet man im Moment auch bei der Tour de France nicht. Und man möchte für diese Sportart auch hoffen, dass es möglichst so bleibt. Denn da dominiert ein in Kenia geborener weißer Brite - God save the Queen - nach Belieben und lässt alle, auch die schon einmal des Dopings überführten Kontrahenten, meilenweit hinter sich. Was seine Unschuldsbekundungen am Ende wert sein werden, bleibt abzuwarten. Meilenweit hinter sich lies in letzter Zeit auch Usain Bolt in schöner Regelmäßigkeit seine Widersacher im Sprint über 100 Meter. Und all jene, die ihm auch nur irgendwie Nahe gekommen sind, wurden vor Kurzem, oder schon vor Längerem allesamt positiv getestet. Alle bis auf Usain Bolt. Aber überrascht das Ergebnis beim Anblick der unnatürlich muskelbepackten Athleten ernsthaft noch? Und ist es am Ende wirklich wichtig oder alles gar nicht der Rede wert?
"Nicht der Rede wert", das ist auch eine nette Umschreibung für den Posten der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, der Ilse Aigner. Die sagt bei Problemfragen immer nur: "Dafür bin ich nicht zuständig. Das ist Ländersache! oder Europasache!". Und so wundert es eigentlich nicht, dass sie im Talk mit Lanz, auf dessen schleimiges "Sie machen das übrigens toll" nur ein ungläubiges "Was?" hervorbringt. Ansonsten hat sie schon viel von der Merkel gelernt. Zum Beispiel wie man nicht auf Fragen antwortet, Verantwortung weiter schiebt und vor allem, wie man keine Meinung hat. Einziger Unterschied: die Ilse grinst dabei immer so herrlich grenzdebil. Auch als man ihr einen Clip aus der ZDF Heute-Show zeigt, in dem ihre Unnützlichkeit gnadenlos aufgezeigt wird. Alle Anwesenden erkennen das da gerade die traurige Wahrheit wiedergegeben wird und schauen Frau Aigner mitleidig beschämt an. Aber die lacht lauthals los, nur um im nächsten Satz ernsthaft genau das eben aufgezeigte zu wiederholen. Und diesmal ist es wirklich komisch. Aber das mit der Ilse ist hoffentlich bald vorbei, denn die will zurück nach Bayern und ist dann, so Gott will, auch nicht mehr der Rede wert.
Aber zum Glück ist ja jetzt Sommer. Es ist warm und die Sonne scheint. Und Kate und William bekommen demnächst einen Thronfolger oder eine Thronfolgerin und dann sind all die Nichtigkeiten - versprochen! - auch nicht mehr der Rede wert!

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